Todesopfer > Haberlandt, Lutz

MfS-Information über den Fluchtversuch von Lutz Haberlandt

28. Mai 1962

EINZEL-INFORMATION

über

einen verhinderten Grenzdurchbruch am Alexanderufer, in der Nähe des KPP Invalidenstraße, am 27.5.1962

Am 27.5.1962 gegen 16,45 Uhr wurde durch den Beobachtungsposten Soldat K(...) (Standort: Oberstes Gericht) und den Trapo-Posten Wm. M(...)(Standort: Bahngelände am Humboldthafen) eine männliche Person beobachtet, die sich, aus dem Gelände der Charité kommend, in Richtung Staatsgrenze bewegte. Die Person befand sich auf einem Schuppendach und zog sich die Jacke und Schuhe aus.

Anschließend überstieg der Grenzverletzer die Einfriedungsmauer der Charité nach dem Alexanderufer und lief in Richtung der Sicherungsanlagen.

Zu diesem Zeitpunkt wurde der Grenzverletzer von dem Wm. M(...) aus ca. 100 m Entfernung aufgefordert, stehenzubleiben. Da die Person den Fluchtweg in Richtung Spandauer Schiffahrtkanal fortsetzte, gaben Wm. M(...), vom Bahndamm am Humboldthafen aus, und der Beobachtungsposten Invalidenstr., Soldat K(...), (ca. 300 m vom Grenzverletzer entfernt), je einen Warnschuß ab.

Da der Grenzverletzer auf die Warnschüsse nicht reagierte, wurden durch den Wm. M(...) 9 und durch den Soldaten K(...) 2 Zielschüsse auf ihn abgegeben.

[...]

Der Grenzverletzer

Haberlandt, Lutz
geb. 29.4.1938 in Berlin
wh.: Berlin N 58,(...)

wurde gegen 17,15 Uhr durch einen SPW der 1. GB in das VP-Krankenhaus gebracht, wo er an den Folgen der Verletzung (Kopfschuß) verstarb.

Beim Abtransport des Verletzten hatten sich gegenüber der beabsichtigten Durchbruchstelle auf Westberliner Gebiet ca. 300 Zivilisten angesammelt, die unsere Grenzsoldaten verleumdeten und beschimpften.

Zum gleichen Zeitpunkt waren an dieser Stelle ein englischer Panzerspähwagen, weitere englische Besatzer und Foto- und Filmreporter anwesend.

Durch die bisher geführten Untersuchungen wurden in der Umfriedungsmauer des Charité-Geländes Anzeichen von 2 Einschüssen aus westlicher Richtung festgestellt. Projektile wurden noch nicht gefunden. Die Untersuchungen werden weiter geführt.

Der Stahlhelm des Gefr. J(...), an dem eine Einbuchtung in Form eines Infanteriegeschosses sichtbar ist, wurde dem KTI zur Untersuchung zugeleitet.

Durch unsere Sicherungskräfte wurden insgesamt 22 Schuß abgegeben. Nach den bisherigen Feststellungen erscheint auf Grund der Schußrichtung ein Beschießen des Westberliner Gebietes durch unsere Posten als ausgeschlossen.

Im Bereich des Vorkommnisses wurden zusätzliche Sicherungsmaßnahmen eingeleitet.

Quelle: BStU, MfS, ZAIG Nr. 581, Bl. 23-25
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