Todesopfer > Kube, Karl-Heinz

Abschlussbericht der DDR-Grenztruppen über den Fluchtversuch von Karl-Heinz Kube und Detlev S., 17. Dezember 1966

[...]

Betr.: Abschlußbericht über die Verhinderung eines schweren Grenzdurchbruchs mit Anwendung der Schuewaffe im Abschnitt der 3./GR. – 44 am 16.12.1966

Bezug:

Zur Untersuchung des besonderen Vorkommnisses wurden befohlen:
    Oberstltn. K (...) 1. Stellv. 2. GBr. Major W (...) Kommandeur GR.-44 Major S (...) Stabschef GR.-44 Major B (...) 1. Stellv. GR.-44 Major N (...) Ltr.AGr.Planung 2.GBr. Oltn. R (...) Kp.-Chef 3./GR.-44
I. Sachverhalt:

Am 16.12.1966 gegen 21.46 Uhr beobachtete der Posten des WG Werft (1080-5-d)

Postenführer
    Gefr. M(...), Horst geb. (...) (...) NVA seit 03.05.1966 nicht organisiert
Posten
    Gefr. L(...), Helmut geb. (...) (...) NVA seit 03.11.1965 nicht organisiert
daß sich 100 m südlich ihres B-Turmes 2 Personen kriechend in Richtung Staatsgrenze bewegten. Der Posten gab einen Feuerstoß in Richtung der Grenzverletzer ab. Der Postenführer übernahm das Feuer, befahl seinem Posten, den B-Turm zu verlassen und von unten die Beobachtung und Feuerführung fortzusetzen.

Inzwischen hatten die Grenzverletzer den Sperrgraben erreicht und waren für den WG nicht mehr sichtbar. Nach dem Schießen des Signals "Eilt zur Hilfe!" verließ auch der Postenführer den B-Turm und beide nahmen die Verfolgung der Grenzverletzer auf.

Inzwischen hatte der WG Kanal (1080-3-d )

Postenführer
    Gefr. H(...), Werner (...) (...) Sozialisten Nr. 41 NVA seit 03.11.1965 nicht organisiert
Posten
    Soldat H(...), Helmut (...) (...) nicht organisiert
die Bewegung der Grenzverletzer im Sperrgraben ebenfalls festgestellt. Durch den Posten wurde das Feuer eröffnet. Nach Übernahme der Feuerführung durch den Postenführer befahl dieser seinem Posten, den B-Turm zu verlassen und von unten Beobachtung und Feuerführung fortzusetzen. Während dar entstandenen Feuerpause versuchten die Grenzverletzer den Graben zu verlassen und parallel zur Staatsgrenze zu entkommen. Daraufhin erfolgte erneute Feuerführung, wobei einer der Grenzverletzer zusammenbrach und der andere im Graben Deckung suchte. Der Postenführer verleiß den B-Turm und schoß Signal "Eilt zur Hilfe!". Der Posten, welcher die Handlungen des Grenzverletzers beobachtet hatte, näherte sich ihm und forderte ihn auf, sich zu ergeben und den Graben zu verlassen. Dieser Aufforderung wurde Folge geleistet.

Danach wurde auf Befehl des Postenführers die Festnahme und Rückführung in die Deckungsmöglichkeit des Konterescarps (ca. 100 m) vorgenommen.

Zum gleichen Zeitpunkt traf am Tatort der Zugführer, Obltn, K(...) mit seinem Posten ein, übernahm den Festgenommenen und leiß ihn durchsuchen.

Gefr. H(...) erhielt vom Zugführer den Befehl, die Bergung des zurückgebliebenen Grenzverletzers durchzuführen. Gemeinsam mit dem inzwischen dort eingetroffenen Postenpaar WG Werft erfolgte die Bergung des leblos vorgefundenen Grenzverletzers ebenfalls hinter den Konterescarp.

Feuerführung und Bergungsmaßnahmen dauerten etwa bis 22.00 Uhr.

Bei dem vernichteten Grenzverletzer handelt es sich um den
    Kube, Karl-Heinz geb. 10.04.1949 in Ruhlsdorf (...) beschäftigt im Kfz.-Werk Ludwigsfelde.
Festgenommen wurde der
    S(...), Detlef (...) (...) beschäftigt bei HOG "Stahsdorfer Hof" Stahnsdorf
Beide wurden den Organen des MfS übergeben.

Im Verlauf der Handlungen wurden insgesamt 40 Patronen verschossen. Nach der Bergung bzw. Eskortierung der Grenzverletzer übernahmen die beiden WG wieder die Sicherung ihrer Abschnitte auf Befehl des Zugführers und wurden mit Eintreffen der Alarmgruppe abgelöst.

Bis zum Abschluß der Bergung wurde auf westberliner Gebiet keine gegnerische Tätigkeit festgestellt.

Erst ca. 22.05 Uhr fuhren drei, dem Typ nach nicht erkannte Kfz. in das Werftgelände (1081-7-a und c) ein, ein weiteres blieb außerhalb auf der Straße stehen. Ihm entstiegen 4 Duepo, die in Richtung DDR beobachteten. Anzahl und Handlungen der Kfz.-Besatzungen im Werftgelände konnten nicht eingesehen werden. Gegen 22.30 Uhr erfolgte die Rückfahrt aller vier Kfz. ins Hinterland.

II. Wichtigste Ergebnisse der Untersuchung:

Die Befragung des S(...) ergab:

Beide Grenzverletzer trafen sich in der HOG "Stahnsdorfer Hof", fuhren von dort mit dem Motorroller "Berlin", Kennzeichen DM 66 - 69 nach Kleinmachnow, um angeblich einen Bekannten des Kube aufzusuchen, der nicht angeroffen wurde. Sie setzten die Fahrt fort bis zum Ringweg (siehe Skizze) und stellten dort den Motorroller ab.

Mit der Absicht des Durchbruchs bewegten sie sich zu Fuß weiter in Richtung Staatsgrenze (siehe Skizze).

Bei der Rückverfolgung der Spur wurde festgestellt, daß die Grenzverletzer das bei der Höckersperre eingesetzte Signalgerät unterkrochen hatten. 20 m von der Höckersperre in Richtung Staatsgrenze wurde ein Annorak gefunden. Neben dem vernichteten Kube lag ein Seitenschneider. Beiseiner späteren Durchsuchung wurde neben persönlichen Gegenständen auch eine Strafverfügung der VP über 25.- MDN wegen unberechtigten Aufenthalts im Grenzgebiet Kleinmachnow am 24.10.1966 vorgefunden. III. Eingeleitete Maßnahmen:

- Bergung des vernicheteten Grenzverletzers

- Einsatz der Alarmgruppe und eines SPW mit Offz.-B-Posten

- Ablösung der beiden WG Werft und Kanal

- Benachrichtigung der Organe des ZW

- Information der Bezirks- und Kreisleitung der SED

- Übergabe der Grenzverletzer an die Organe des MfS

- Absuchen des Handlungsortes, Rückverfolgung und Beseitigung aller Spuren

- Sicherstellung des Motorrollers durch die VP

IV. Schlußfolgerungen und Vorschläge:

1. Die Handlungen der eingesetzten Grenzposten und des Zugführers zur Verhinderung des Grenzdurchbruchs, zur Festnahme bzw. Bergung der Grenzverletzer waren aktiv und entsprachen dem erteilten Kampfbefehl.

2. Durch schnelles Handeln der eigenen Kräfte wurde dem Gegner die Möglichkeit genommen, die eigenen Aktionen zu beobachten.

3. Auswertung des verhinderten Grenzdurchbruchs im Bereich des Verbandes und Erarbeitung eines Gefechtsbeispiels.

4. Vorschläge für Auszeichnungen und Belobigungen:
    Gefr. H(...) und Gefr. M(...) "Medaille für vorbildlichen Grenzdienst"

    Gefr. L(...) und Sold. K(...) "Leistungsabzeichen der Grenztruppen"

    Obltn. R(...), Frank Kp.-Chef "Medaille für vorbildlichen Grenzdienst"

    Ltn. S(...), Heinz Politstellv. Oltn. K(...), Heinz Zugführer

    Begleitposten des Zugführers

    Geldprämie durch den K-GR.


Quelle: BArch, VA-07/6016, Bl. 9-13
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