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Max Sahmland: MfS-Bericht an Erich Honecker über den Fluchtversuch

28. Januar 1967

E.I.

über

einen Grenzdurchbruch im Abschnitt Wredebrücke in Berlin-Johannisthal am 27.1.1967

Am 27.1.1967 gegen 02.30 Uhr wurde im Abschnitt Wredebrücke-Hafenstraße am Teltow-Kanal in Berlin-Johannisthal durch einen Grenzverletzer die Signalanlage ausgelöst. Beim Absuchen des Vorfeldes wurde eine Person festgestellt, die sich im Laufschritt auf den Teltow-Kanal zu bewegte und dabei die pionier-technischen Anlagen überwand.

Von den in diesem Abschnitt eingesetzten Postenpaaren wurde sofort das Feuer auf den Grenzverletzer eröffnet. Insgesamt wurden 100 Schuß abgegeben.

Nach der Feuereröffnung hörten die Posten, wie der Grenzverletzer aufschrie. Trotzdem gelang es ihm noch, den bereits zum Westberliner Gebiet gehörenden Treidel-Weg am diesseitigen Ufer des Teltow-Kanals und den Kanal selbst zu erreichen. (Die Staatsgrenze verläuft ca. 3 m vom Ufer entfernt parallel zum Teltow-Kanal, so daß der gesamte Kanal einschließlich des auf unserer Seite befindlichen Uferweges Westberliner Gebiet ist.)

Da von dem Postenpaar an der Hafenstraße zunächst vermutet wurde, daß sich der Grenzverletzer noch auf dem Territorium der DDR befindet, begaben sich beide Posten unter weiterer Feuerführung im Sperrgraben in Richtung der Durchbruchstelle.

Die durch Signal herbeigerufene Alarmgruppe, unter Leitung des Kompaniechefs, befand sich zu diesem Zeitpunkt in Höhe der Massante-Brücke, wo der Kompaniechef den Fluchtweg des Grenzverletzers überprüfte. Dabei überwand er – ohne entsprechenden Befehl – die pionier-technischen Anlagen und betrat den zum Westberliner Gebiet gehörenden Treidel-Weg.

Zum gleichen Zeitpunkt waren am gegenüberliegenden Ufer auf dem Gelände des Westberliner Eternit-Werkes Angehörige der Westberliner Polizei und Feuerwehr eingetroffen, die mit Scheinwerfern das gesamte Gebiet ableuchteten und den Kompaniechef unter Androhung von Schußwaffenanwendung zum Verlassen des Westberliner Gebiets aufforderten.

Alle Suchmaßnahmen nach dem Grenzverletzer in den pionier-technischen Anlagen und am Ufer des Teltow-Kanals verliefen ohne Erfolg. Vermutlich ist der Täter nach Überwinden der Sicherungsanlagen in den Kanal gesprungen und ertrunken.

Die Westberliner Feuerwehr suchte ab 3.15 Uhr bis gegen 14.30 Uhr, mit Unterbrechungen, den Kanal und das Ufer ab. Diese Arbeiten wurden durch die Westberliner Polizei gesichert. Eine Bergung des Grenzverletzers wurde nicht festgestellt.

Die vom MfS geführten Untersuchungen ergaben weiter folgendes:

Bei dem Grenzverletzer handelt es sich um den
    Sahmland, Max
    geb. 28.3.1929
    wh.: Wildau, (...)
    z.Zt. ohne Beschäftigung,
[...]

Sahmland traf sich am 26.1.1967 in der HO-Gaststätte (...) Zeuthen mit der
    (...)
    geb. (...) 1943
    wh.: Zeutehn, (...)
und der
    (...)
    geb. (...) 1944
    wh.: Zeutehn, (...)
[...]

Im Verlaufe des Abends unterbreitete Sahmland diesen Personen den Vorschlag, mit ihm die Staatsgrenze der DDR nach Westberlin zu durchbrechen. Zu diesem Zweck fuhren sie gemeinsam nach Berlin-Adlershof, wo sie sich über die Rudower Chaussee in Richtung Grenzgebiet bewegten.

Während die beiden Freuen in einem Graben im rückwärtigen Grenzgebiet zurückgelassen wurden, kroch Sahmland auf die Grenzsicherungsanlagen zu, wo er mittels einer Kombi-Zange die Drahtsperre durchschnitt. Dabei wurde ein Signalgerät ausgelöst und der Grenzverletzer bemerkt. Auf Grund der anschließenden Feuerführung durch die Grenzposten bekamen beide Frauen Angst und verließen das Grenzgebiet.

Nach den bisherigen Ermittlungen war Sahmland vor einiger Zeit in der Kläranlage in der Rudower Chaussee beschäftigt, so daß er genaue Kenntnis vom Verlauf des Grenzgebietes besaß. Vermutlich wollte sich Sahmland durch die Flucht seinem Strafantritt entziehen.

Eine Schwester des S. wohnt in Westberlin.

Weitere Untersuchungen über die näheren Ursachen und Zusammenhänge des Grenzdurchbruchs werden durch das MfS geführt.

Quelle: BStU, MfS, ZAIG Nr. 1321, Bl. 1-4
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