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Herbert Kiebler: MfS-Bericht über Reaktionen von Grenzsoldaten auf die tödlichen Schüsse

4. Juli 1975

Kreisdienststelle Zossen

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29.06.75 ...... In der letzten Nacht hatten wir Grenzalarm. Dabei mußten wir drei Stunden draußen zubringen, weil einer in den Westen wollte. Er kam nicht weit und seine Flucht mußte er mit seinem Leben bezahlen. Ich hatte das große Pech oder Glück, ich weiß nicht, wie ich es bezeichnen soll, ihn zu sehen. Als ich ihn sah, lag er zugedeckt und tot auf dem LKW. Die Decke wurde weggenommen und ich sah, was ich wohl nie mehr in meinem Leben vergessen kann. Es war kein Mensch mehr, es war nur noch ein ein Haufen Mensch, eine unidentifizierbare zusammengeschossene Gestalt. Mein Schatz, drei Schüsse im Kopf und zwei zerfetzten den Oberkörper. Im Gesicht war nichts mehr zu erkennen. Bei dem Anblick wurde ich von einer großen Übelkeit befallen, die dan ganzen Tag nicht mehr wich. Er war ein Grenzverletzer, aber war es wirklich nötig, aus 80 m Entfernung ihn so grausam zu töten? Es gab andere Möglichkeiten, ihn an seinem Vorhaben zu hindern. Aus dieser Entfernung ist fast jeder Schuß aus der MPi tötlich, dabei muß man nicht einmal besonders zielen. Das Bild werde ich nicht mehr vergessen können. Ich kann mir nur wünschen, nie mehr in irgendeiner Weise einen Grenzverletzer zu sehen.

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Heinersdorf, den 30.06.75 ...... Nun noch etwas von hier. Vorgestern wurde für unsere Kompanie mal wieder Gefechtsalarm ausgelöst und was war - Ein Uffz. der 74 entlassen worden war und in Mahlow gewohnt hat, hat versucht rüberzukommen. 4 Schüsse alle getroffen. Als unsere Kompanie rauskam brauchte er nur noch aufgesammlet zu werden. Und wieder einer weniger, der unsere Butter ißt.

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Quelle: BStU, Ast. Potsdam, AP 1179/76, Bl. 59.
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