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Protokoll der 45. Sitzung des Nationalen Verteidigungsrates der DDR, 3. Mai 1974 (Auszug)

Protokoll der 45. Sitzung des Nationalen Verteidigungsrates der DDR, 3. Mai 1974 (Auszug)

Geheime Kommandosache!

GKdos-Nr.: 14/74

Zum Tagesordnungspunkt 4

"Bericht über die Lage an der Staatsgrenze der DDR zur BRD, zu WESTBERLIN und an der Seegrenze"

Zu Beginn gab Genosse Generaloberst Keßler einen Bericht von 15 Minuten. In der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt legte Genosse Erich Honecker folgende Gesichtspunkte dar:
  • die Unverletzlichkeit der Grenzen der DDR bleibt nach wie vor eine wichtige politische Frage
  • es müssen nach Möglichkeit alle Provokationen an der Staatsgrenze verhindert werden
  • es muß angestrebt werden, daß Grenzdurchbrüche überhaupt nicht zugelassen werden
  • jeder Grenzdurchbruch bringt politischen Schaden für die DDR
  • die Grenzsicherungsanlagen müssen so angelegt werden, daß sie dem Ansehen der DDR nicht schaden; dies trifft insbesondere für einige Abschnitte der Mauer in BERLIN zu
  • der pioniermäßige Ausbau der Staatsgrenze muß weiter fortgesetzt werden
  • in BERLIN sollte man die alte Mauer stehen lassen und dort wo notwendig, dahinter eine neue bauen; erst wenn der Neubau fertig ist, sollte man die alte Mauer abreißen
  • überall muß ein einwandfreies Schußfeld gewährleistet werden
  • die Unantastbarkeit der Grenze ist durch ein gemeinsames Zusammenwirken der Sicherheitsorgane zu gewährleisten
  • man muß alle Mittel und Methoden nutzen, um keinen Grenzdurchbruch zuzulassen und die Provokationen von WESTBERLIN aus zu verhindern
  • nach wie vor muß bei Grenzdurchbruchsversuchen von der Schußwaffe rücksichtslos Gebrauch gemacht werden, und es sind die Genossen, die die Schußwaffe erfolgreich angewandt haben, zu belobigen
  • an den jetzigen Bestimmungen wird sich diesbezüglich weder heute noch in Zukunft etwas ändern
In diesem Zusammenhang stellte Genosse Erich Honecker dem Genossen Generalleutnant Peter die Frage, wieviel Mittel für den weiteren pioniermäßigen Ausbau noch benötigt werden und ob es möglich sei, die sogenannten "Todesminen" zu überwinden.

Genosse Generalleutnant Peter gab zur Antwort, daß ihm die genaue Summe für den weiteren pioniermäßigen Ausbau zur Zeit nicht vorliege, aber 1 km Ausbau der Staatsgrenze mit der neuen Splittermine SM-70 koste annähernd 100.000,- Mark. Auf Grund der Halterung der Minen bzw. durch einen zeitweiligen Stromausfall an den Minensperren gelang es in einigen Fällen, die Minensperre SM-70 zu überwinden. Diese Mängel wurden beseitigt, so daß zur Zeit eine höhere Wirksamkeit dieser Minensperre gegeben ist.

Abschließend unterstrich Genosse Erich Honecker, daß der pioniertechnische Ausbau der Staatsgrenze zielstrebig fortgesetzt werden muß, und daß alle Anstrengungen zu unternehmen sind, um Grenzdurchbrüche nicht zuzulassen und Provokationen, besonders vom westberliner Territorium aus, voll zu unterbinden. Die bestehenden Bestimmungen zur Gewährleistung der Unantastbarkeit der Staatsgrenze der DDR und die Schußwaffengebrauchsbestimmungen sind nach wie vor voll durchzusetzen.

Dem Bericht und den mündlichen Ausführungen wurde unter Berücksichtigung der Ausführungen des Genossen Erich Honecker die volle Zustimmung gegeben. [...]

Quelle: BA-MA, DVW 1/39503, dok. in: Werner Filmer/Heribert Schwan, Opfer der Mauer. Die geheimen Protokolle des Todes, München 1991, S. 389, 393/394.
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