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Protokoll Nr. 42/61 der außerordentlichen Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees der SED im Sitzungssaal des Politbüros, 14. August 1961

Protokoll Nr. 42/61 der außerordentlichen Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees der SED im Sitzungssaal des Politbüros, 14. August 1961

Tagesordnung:
Stellung zur gegenwärtigen Lage und dem Stand der durchgeführten Maßnahmen auf Grund des Beschlusses der Volkskammer und des Ministerrates
Berichterstatter: Genosse Honecker

Anwesende Mitglieder:
Ulbricht, Matern, Stoph, Ebert, Neumann, Honecker, Mückenberger, Warnke, Norden

Anwesende Kandidaten:
Mewis, Verner, Hager, Baumann, Grüneberg, Apel

Außerdem anwesend die Genossen:
Axen, Mittag

Es fehlten entschuldigt:
Grotewohl, Kurella

Sitzungsleitung: Ulbricht
Protokollführung: Schön

Beginn: 10.00 Uhr
Ende: 13.15 Uhr

Behandelt:

Stellung zur gegenwärtigen Lage und dem Stand der durchgeführten Maßnahmen auf Grund des Beschlusses der Volkskammer und des Ministerrates
Berichterstatter: Honecker

Beschlossen:
  1. Die Schlußfolgerungen aus der gegenwärtigen Lage und dem Stand der durchgeführten Maßnahmen werden bestätigt.
    Anlage Nr. 1
    Darüber sind die 1. Bezirkssekretäre zu informieren.
    Für den Entwurf verantwortlich: Genosse Grüneberg und Genosse Schön (Entwurf: Anlage Nr. 2)

  2. Der Befehl des Ministers des Innern über die Erhöhung der Sicherheit im Grenzsperrgebiet an der Staatsgrenze West der Deutschen Demokratischen Republik wird bestätigt.
    Anlage Nr. 3

    1. Aufgrund der Reden von Brandt und Ollenhauer in Nürnberg wird vorgeschlagen, in einem prinzipiellen Artikel an die Sozialdemokraten zu antworten.
      Verantwortlich: Genosse Matern.

    2. Der Bundesvorstand des DFD soll sich in einem Aufruf an die Frauen und Mädchen der Deutschen Demokratischen Republik wenden, in dem ihnen dargelegt wird, wie die Maßnahmen zum Schutze der Grenzen der DDR und Westberlin dem Frieden dienen.
      Für den Entwurf verantwortlich: Genossin Edith Baumann.

    3. Es ist notwendig, jetzt in stärkerem Umfang Gespräche mit Jugendlichen zu führen, wobei wirksamere Argumentationen zu veröffentlichen sind.
      Verantwortlich: Bezirksleitung der SED Berlin.

    4. Es ist notwendig, sich in einem Brief an die westdeutsche Arbeiterklasse zu wenden. Es ist zweckmäßig, dies durch den FDGB zu machen.
      Genosse Warnke wird beauftragt, den Entwurf bis Mittwoch, den 16.8.1961, vorzulegen.

    5. Das Politbüro hält es für notwendig, daß vor der in der nächsten Woche stattfindenden Sitzung des Bundesvorstandes des FDGB das Sekretariat des Bundesvorstandes im Politbüro die Materialien für die Bundesvorstandssitzung vorlegt, um eine Aussprache über die Arbeit des FDGB durchzuführen.
(Unterschrift)
Walter Ulbricht

Anlage Nr. 1 zum Protokoll 42 vom 14.8.1961



Stellung zur gegenwärtigen Lage und dem Stand der durchgeführten Maßnahmen auf Grund des Beschlusses der Volkskammer und des Ministerrates
  1. Auf Grund der von den westberliner Agentenorganisationen organisierten Hetzdemonstrationen sowie der dauernden Provokationen am Brandenburger Tor ist der Übergang an dieser Stelle vorübergehend zu schließen. Die erforderlichen Maßnahmen sind vom Minister des Innern ab 14.00 Uhr zu treffen.
    Über die Presse wird mitgeteilt, daß diese Maßnahme erforderlich wurde auf Grund der heutigen Hetzdemonstrationen sowie der Hetze durch die Sender Freies Berlin und RIAS, die am 13.8.1961 in ihren Sendungen um 16.00 Uhr und 18.00 Uhr aufforderten, die Grenze am Brandenburger zu verletzen und Provokationen vorbereitet sind.

  2. Auf Grund der Tatsache, daß die bisherige Freizügigkeit zur feindlichen Tätigkeit gegen die Deutsche Demokratische Republik ausgenutzt wurde, wird der Minister des Innern beauftragt, Maßnahmen zur Einführung einer zeitweiligen Genehmigungspflicht für westberliner Pkw, die in die Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik (das demokratische Berlin) wollen, zu veranlassen.

  3. Es wird zur Kenntnis genommen, daß Telefongespräche von der deutschen Demokratischen Republik nach Westdeutschland und Westberlin von den betreffenden Stellen bis auf weiteres mit dem Hinweis nicht weiter vermittelt werden, daß die Telefonverbindung nach Westdeutschland und Westberlin gestört ist.

  4. Da der Besitz von zwei Personalausweisen (Personalausweis der DDR und Personalausweis von Westberlin sowie westdeutsche Reisepässe) strafbar ist, sind von den Genossen Stoph und Maron die erforderlichen Maßnahmen entsprechend dem beigefügten Entwurf der Verordnung über den Besitz und die Verwendung von Personalausweisen vom 14.8.1961 zu treffen. (Anlage)

  5. Vom Minister des Innern ist eine Erklärung zu veröffentlichen, daß auf Provokationen von westberliner Seite (Steinwürfe etc.) ab sofort mit entsprechenden Maßnahmen geantwortet wird. (Anlage)

  6. Der Minister des Innern hat Maßnahmen festzulegen, daß die provisorisch angelegten Sperren an den gesperrten Übergängen nach Westberlin fest ausgebaut werden.

  7. Es wird zur Kenntnis genommen, daß vom Minister für Handel und Versorgung eine Anordnung an alle stellvertretenden Vorsitzenden für Handel und Versorgung der Räte der Bezirke und Kreise zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung (Unterbindung von Hamsterkäufen) erlassen wurde.

  8. Bürger der Deutschen Demokratischen Republik, die in den Randgebieten von Berlin wohnen, soll der Umtausch von Westgeld gegen Mark der Deutschen Notenbank im Verhältnis 1:1 entgegen den bestehenden Bestimmungen in einem zu befristenden Zeitraum in den Filialen der Deutschen Notenbank in den betreffenden Kreisen ermöglicht werden.

  9. Die Anweisungen zur Einschränkung von Reisen nach Berlin werden zur Kenntnis genommen.

  10. Es wird zur Kenntnis genommen, daß der Minister des Innern eine Anweisung erläßt, daß bis auf weiteres keine PM 12a für Reisen nach Westdeutschland mehr ausgestellt werden.

    1. Der Befehl des Ministers des Innern zur Gewährleistung der Sicherheit in der 5-km-Sperrzone - entsprechend der Verordnung vom Jahre 1952 - wird bestätigt.

    2. Genosse S t o p h wird beauftragt, die erforderlichen Weisungen an die Räte der Kreise und Bezirke sofort herauszugeben.

  11. An alle Leiter der Volkseigenen Betriebe, Institutionen, Handelsbetriebe, Verkehrsbetriebe, landwirtschaftlichen Betriebe und sonstigen Einrichtungen ist vom Genossen Stoph eine Anordnung über die Eingliederung von Rückkehrern und Zuziehenden sowie ehemaligen Grenzgängern in den Arbeitsprozeß herauszugeben.

  12. Von der Ausstellung von Bescheinigungen für Bürger der DDR (demokratisches Berlin) für den Besuch von Westberlin ist bis auf weiteres abzusehen. Die Antragsteller sind zu registrieren.

  13. Es wird zur Kenntnis genommen, daß eine Anordnung zur Kontrolle des Postverkehrs zwischen der DDR und Westdeutschland und umgekehrt vom Genossen Stoph veranlaßt wurde.

  14. Das Sekretariat des Zentralkomitees wird beauftragt, in einer Instruktion an die Parteiorganisationen in den Grenzkreisen festzulegen, wie die Arbeit entsprechend den gegenwärtigen politischen Notwendigkeiten geändert werden muß. Der Bevölkerung in diesen Kreisen ist zu erklären, daß auf Grund der Aggressivität des westdeutschen Militarismus bestimmte Maßnahmen zur Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik erforderlich sind.


Quelle: SAPMO-BA, DY 30/J IV 2/2/784
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