Material > Dokumente > 1961 > August > Rede des Bundeskanzler Konrad Adenauer vor dem Deutschen Bundestag, 18. August 1961

Rede des Bundeskanzler Konrad Adenauer vor dem Deutschen Bundestag, 18. August 1961

Rede von Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer vor dem Deutschen Bundestag, 18. August 1961

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Namens der Bundesregierung gebe ich folgende Erklärung ab:

Die Machthaber in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands haben seit den frühen Morgenstunden des 13. August den Verkehr zwischen dem sowjetischen Sektor und den drei westlichen Sektoren Berlins fast völlig zum Erliegen gebracht. Entlang der Sektorengrenze wurden Stacheldrahtverhaue erreichtet; starke Verbände der Volks- und Grenzpolizei bezogen ihre Stellungen an der Sektorengrenze, um die Abriegelung des Verkehrs zischen Ost- und Westberlin durchzuführen. Gleichzeitig wurden Truppen der nationalen Volksarmee eingesetzt.

Diese Abriegelungsmaßnahmen wurden auf Grund des Beschlusses der Zonenmachthaber vom 12. August ergriffen. Mit ihrer Durchführung hat das Ulbricht-Regime gegenüber der gesamten Welt eine klare und unmissverständliche politische Bankrotterklärung einer sechzehnjährigen Gewaltherrschaft abgegeben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Mit diesen Maßnahmen hat das Ulbricht-Regime eingestehen müssen, daß es nicht vom freien Willen der in der Zone lebenden Deutschen getragen und gestützt wird. Mit diesen Maßnahmen hat das Ulbricht-Regime bestätigt, daß die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts durch das deutsche Volk zur Erhaltung des Weltfriedens unaufschiebbar geworden ist! (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Viermächte-Vereinbarungen brutal verletzt

Diese widerrechtlichen Maßnahmen, die die Bundesregierung mit Sorge und Abscheu erfüllt haben, stehen in flagrantem Widerspruch zu den Viermächtevereinbarungen über die Bewegungsfreiheit innerhalb Groß-Berlins und denjenigen Viermächtevereinbarungen, die die Regelung des Verkehrs zwischen Berlin und der Zone zum Gegenstand haben. Mit der Abriegelung des Verkehrs zwischen Ost- und West-Berlin hat das Zonenregime die bestehenden und von der Regierung der UdSSR bis auf den heutigen Tag anerkannten Viermächtevereinbarungen betreffend Berlin einseitig und mit brutaler Gewalt verletzt.

Im Widerspruch zu den sowjetischen Erklärungen

Die Bundesregierung stellt mit großem Bedauern fest, dass dieser Willkürakt mit Billigung der Regierung der UdSSR als Führungsmacht des Warschauer Paktes erfolgt ist. Mit dieser Billigung hat sich die sowjetische Regierung in Gegensatz zu ihren ständigen Beteuerungen gestellt, die deutschland- und Berlin-Frage auf dem Verhandlungswege zu lösen. Während der amerikanische Präsident in seiner letzten Pressekonferenz vom 10. August erneut die Bereitschaft der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zum Ausdruck gebraucht hat, über die Deutschland- und Berlin-Frage Verhandlungen zu führen, reagieren die Zonenmachthaber auf diesen westlichen Friedens- und Verhandlungswillen mit militärischen Maßnahmen. Diese Reaktion führt der gesamten Weltöffentlichkeit – mehr als Worte dies zu tun vermögen – vor Augen, dass die gegenwärtige Krise einzig und allein durch die sowjetische Deutschland- und Berlin-Politik ausgelöst wurde. (Beifall bei der CDUCSU und der FDP)

Die Regierung der Sowjetunion hat am 10. November 1958 durch ihre Erklärung die Berlin-Krise ausgelöst. Sie hat in der Zwischenzeit in zahllosen Noten und Erklärungen darauf hingewiesen, daß sie, was auch sonst ihr Ziel sei, nicht daran denke, die Freiheit Westberlins anzutasten, die vielmehr von ihr feierlich garantiert werden solle. Wie lassen sich diese Erklärungen mit den Ereignissen der letzten Tage vereinbaren? Die Abmachungen der Sowjetunion mit den drei westlichen Mächten wurden zerrissen. Die Panzer der Volksarmee, die Volkspolizei und die Betriebskampfgruppen, die in und um Ostberlin zusammengezogen wurden, um einen rechtswidrigen Angriff gegen den Status der Stadt Berlin militärisch zu unterstützen, geben eine Vorahnung dessen, wie die Garantie einer sogenannten Freien Stadt beschaffen sein würde. (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD sowie rechts)

Die Welt war am 13. August Zeuge des ersten Schrittes auf dem Wege zur Verwirklichung der angekündigten Ziele. Das nach den Regeln des Völkerrechts gültige Viermächtestatut der Stadt Berlin ist erneut gebrochen worden. Die jüngste Maßnahrne ist zugleich die schwerwiegendste und brutalste. Die von den Behörden der sowjetischen Besatzungszone auf Weisung ihrer Auftraggeber durchgeführten Absperrmaßnahmen innerhalb der Stadt Berlin und zwischen der Stadt und der sowjetisch besetzten Zone sollen offensichtlich der Auftakt sein für die Abschnürung des freien Teiles der deutschen Reichshauptstadt von der freien Welt.

Wer ist hier militaristisch?

Das Marionettenregime in der Zone macht in seinem Beschluß vom 12. August den vergeblichen Versuch. die angebliche Notwendigkeit dieser Abriegelungsmaßnahmen zu begründen. Die Bundesregierung hält es für unter ihrer Würde, auf diese Verdrehungen und unwahren Behauptungen näher einzugehen. Diese Behauptungen werden von der Wirklichkeit selbst gerichtet Die Bundesregierung möchte jedoch mit allem Nachdruck klarstellen, daß diese illegale Aktion der Zonenmachthaber ein für allemal der Weltöffentlichkeit zeigt, in welchem Teil Deutschland "Militarismus und Aggression" praktiziert werden. (Lebhafter Beifall im ganzen Hause)

Noch in ihrer letzten Note vom 3. August 1961 hat die Sowjetunion erneut ihre Forderung nach Abschluß eines sogenannten Friedensvertrages und nach Umwandlung des geltenden Viermächtestatus der Stadt Berlin, und zwar nur des westlichen Teils von Berlin, in eine sogenannte freie Stadt mit der Behauptung begründet, daß diese Maßnahme notwendig sei, um dem angeblichen Militarismus und Revanchismus und der Bundesrepublik zu begegnen. Sie hat erneut versucht, den Eindruck zu erwecken, als ob verantwortliche Kreise in der Bundesrepublik die Absicht hätten, gegen die Sowjetunion oder irgendeinen anderen Staat der Welt kriegerische Maßnahmen vorzubereiten. Jeder, der in die Bundesrepublik kommt, kann sich von dem Gegenteil überzeugen, und die überwältigende Mehrheit aller Staaten der Welt stimmt mit uns in der Bewertung unserer friedlichen und ausschließlich auf die Verteidigung unserer Lebensinteressen ausgerichteten Politik überein. (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD sowie rechts)

Jeder, der heute nach Ostberlin und in die Zone geht, kann sich durch Augenschein davon überzeugen, daß d o r t Maßnahmen getroffen worden sind, die im wahren Sinne des Wortes die Bezeichnung militaristisch verdienen. (Beifall)

Diese Maßnahmen sind zudem in einem Zeitpunkt ergriffen worden, in dem die ganze Welt nur von der einen Hoffnung erfüllt ist, daß es nicht zu einer kriegerischen Auseinandersetzung kommen möge. In einer solchen an und für sich schon ernsten Situation treiben die Zonenmachthaber durch ihre militärischen Vorbereitungen ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. (Beifall bei der CDU/CSU)

Die wirklichen Gründe dieses Schritts

Die Bundesregierung hält es für unerläßlich, die Weltöffentlichkeit auf die wahren Ursachen dieser Gewaltpolitik hinzuweisen. Nicht die angebliche militaristische und revanchistische Politik der Bundesrepublik hat die Zonenmachthaber veranlaßt, ihre wahren Absichten offen zu legen, sondern das Resultat ihrer ständigen Weigerung, den in der Zone lebenden Deutschen die Lebensordnung zu geben, die diese Menschen haben wollen. (Lebhafter Beifall auf allen Seiten)

Es mutet wie eine makabre Groteske an, wenn sich die Vertreter des Ulbricht-Regimes heute hinstellen und erklären, daß die Deutschen in der Zone das Selbstbestimmungsrecht bereits ausgeübt hätten. Der ständige Flüchtlingsstrom der vergangenen Wochen und Jahre spricht eine andere Sprache, die Sprache der Wirklichkeit.

Es ist aufschlußreich, sich in das Gedächtnis zurückzurufen, wann dieser verstärkte Flüchtlingsstrom erneut einsetzte. Er setzte ein, als die massiven Drohungen des sowjetischen Ministerpräsidenten, einen Friedensvertrag mit der Zone abzuschließen, den Menschen in der Zone die Hoffnungslosigkeit ihrer Situation vor Augen führte. Für diese Menschen wurde der angekündigte Separationsvertrag ein Alpdruck, dem sie unter allen Umständen entrinnen wollten. In ihrer seelischen Verzweiflung sahen diese Menschen keinen anderen Ausweg, als ihre Heimat in der Zone unter Aufgabe von Hab und Gut und unter Gefährdung ihres Lebens zu verlassen, um in der Bundesrepublik ein neues Leben in Freiheit zu beginnen und aufzubauen. Ihr freier Entschluß, ihre Heimat aufzugeben, war die einzige Form, in der sie das ihnen verbliebene persönliche Selbstbestimmungsrecht ausüben konnten.

Es blieb ihnen nichts anderes übrig als die "Abstimmung mit den Füßen", um ein Wort Lenins zu gebrauchen. Mit dieser Abstimmung haben diese Menschen der Welt gezeigt, was sie wirklich wollen: Sie wollen die Freiheit und nicht die Unfreiheit. (Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesregierung hat sichere Unterlagen dafür, daß trotz einer sechzehnjährigen Terrorherrschaft kommunistischer Funktionäre in der Zone über 90 Prozent der dort lebenden Deutschen das Regime, welches sie unterdrückt, ablehnen, den Sklavenstaat, den man ihnen aufgezwungen hat, verachten und nichts sehnlicher als die Vereinigung mit den in der Freiheit lebenden Deutschen wünschen.

Die Sowjetunion, meine Damen und Herren, behauptet immer wieder, daß der jetzt gültige Status der Stadt Berlin eine der Ursachen für die bestehenden Spannungen sei. Es ist nicht nötig zu wiederholen, daß diese Behauptung unrichtig ist. Wohl aber ist es angebracht, nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß eine Lösung des Deutschlandproblems auf der Grundlage der Selbstbestimmung der beste, ja der einzige Weg ist, um die Spannungen und Schwierigkeiten auszuräumen. (Beifall bei der CDU/CSU)

Eine solche Lösung wäre wirklich ein echter Beitrag zur Erhaltung und Sicherung des Friedens in der Welt.

Volles Einvernehmen mit den Verbündeten

In dieser ernsten Lage, die durch die Zonenmachthaber heraufbeschworen ist, steht die Bundesregierung mit ihren drei westlichen Verbündeten in engster Verbindung. Sie wird gemeinsam mit ihnen die erforderlichen Maßnahmen vorbereiten und durchführen.

Die Bundesregierung und ihre Verbündeten sind sich in der Bewertung der der freien Welt drohenden Gefahren einig. Die Außenminister der drei Westmächte und der Bundesrepublik sind vor zwei Wochen in Paris zu Beratungen zusammengetreten. Ich kann, meine Damen und Herren, mit besonderer Genugtuung feststellen, daß diese Beratungen im Geiste vollen gegenseitigen Einvernehmens geführt wurden. Diese Beratungen wurden ergänzt und bestätigt durch eine ausführliche Konsultation zwischen den vier Mächten und allen NATO-Partnern. Auf diese Weise ist es möglich gewesen, über die Grundlage der westlichen Haltung eine volle Übereinstimmung nicht nur zwischen den an der Lösung der Deutschlandfrage unmittelbar beteiligten Westmächten und uns, sondern auch zwischen allen NATO-Partnern zu erzielen.

Der amerikanische Außenminister Rusk hat im Anschluß an die mit den Außenministern Frankreichs, Großbritanniens und der Bundesrepublik geführten Besprechungen den NATO-Rat unterrichtet, der bei dieser Gelegenheit erneut und unzweideutig die Entschlossenheit aller NATO-Staaten zum Ausdruck gebracht hat, die Freiheit Berlins aufrechtzuerhalten. (Beifall auf allen Seiten des Hauses)

Zugleich hat der NATO-Rat wiederholt die Überzeugung ausgedrückt, daß eine friedliche und gerechte Lösung der deutschen Frage einschließlich Berlins nur auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechtes des gesamtendeutschen Volkes herbeigeführt werden kann. (Erneuter Beifall)

Wir werden diese Kontakte in den nächsten Wochen und Monaten fortsetzen und werden in engstem Einvernehmen miteinander gemeinsam die Schritte ergreifen, die zur Abwehr etwaiger sowjetischer Versuche, die Freiheit Berlins zu beeinträchtigen, erforderlich sind.

[...]

Wie das deutsche Volk über diese brutalen Maßnahmen denkt, wäre leicht zu ermitteln. Es würde genügen, alle Deutschen in der Bundesrepublik, in der sowjetisch besetzten Zone und in ganz Berlin darüber zu befragen. Die Antwort wäre eine leidenschaftliche Verurteilung durch die überwältigende Mehrheit des deutschen Volkes (Lebhafter Beifall auf allen Seilen des Hauses)

Die Bundesregierung hat das Recht und hat die Pflicht, für das ganze deutsche Volk zu sprechen, also auch für diejenigen Deutschen, die durch die Gewaltmaßnahmen der sowjetischen Besatzungszone zum Schweigen verurteilt sind. Sie appelliert eindringlich an die Sowjetunion, in diesem kritischen Augenblick zu einer realistischen Betrachtung der Dinge zurückzufinden. Es sollte unter der Würde eines großen Volkes sein, Kreaturen zu schützen, die vom eigenen Volke verachtet werden. (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. Beifall bei Abgeordneten der anderen Fraktionen)

Die russische Regierung und das russische Volk sollten sich nicht dazu hergeben, daran mitzuwirken, daß ein Teil eines großen ihnen benachbarten Landes gegen den Willen der Bewohner in ein Konzentrationslager umgewandelt wird. (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD und FDP)

Man sollte in Moskau erkennen, daß alle Menschen in der Welt, die sich zu dem mit der Charta der Vereinten Nationen anerkannten Selbstbestimmungsrecht der Völker bekennen, nur eine tiefe Verachtung für ein Regime haben können, das dieses Selbstbestimmungsrecht mit Füßen tritt. Eine Neuordnung der Beziehungen zwischen dem russischen Volk und dem deutschen Volk ist auf dem von den Behörden der Sowjetzone beschrittenen Wege nicht denkbar. (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Die Deutschen in der Zone empfinden Haß und Verachtung gegenüber denen, die sie in unmenschlicher Weise vergewaltigen. Und sie müssen ähnliche Gefühle denen gegenüber tragen, die dieses System unterstützen, Die Schließung der Grenzen ist eine beispiellose Bankrotterklärung; sie zeigt, daß die Menschen, die in diesem Teil Deutschlands zu leben gezwungen sind, nur unter Anwendung physischen Zwanges daran gehindert werden können, dieses Paradies der Arbeiter und Bauern zu verlassen. (Beifall bei der CDU/CSU)

Es gibt nur e i n e Möglichkeit, die Beziehungen zwischen dem russischen und dem deutschen Volk auf eine neue Grundlage zu stellen: dem deutschen Volk muß das Recht zurückgegeben werden, das man keinem Volk der Welt verweigert, durch freie und unbeeinflußte Willensentscheidung eine Regierung zu bilden, die dann den legitimen Auftrag besitzt, für das ganze deutsche Volk zu sprechen, zu handeln und zu entscheiden. (Beifall bei der CDUICSU und Abgeordneten der SPD und FDP)

Die Bundesregierung appelliert aber auch an die Regierungen aller Nationen der Welt, die die Charta der Vereinten Nationen unterzeichnet oder anerkannt haben. Die Maßnahmen, die von den sowjetzonalen Behörden durchgeführt werden und angekündigt wurden, sind nichts anderes als ein flagranter Verstoß gegen dieses Grundgesetz, das für die innere Ordnung der Völker ebenso gültig sein soll wie für die Beziehungen zwischen den Nationen.

Friedensbekenntnis genügt nicht

Mit tiefer Bewegung gedenkt die Bundesregierung aber auch des persönlichen Schicksals der vielen Millionen, die Opfer dieser unmenschlichen Maßnahmen geworden sind. Nahezu dreieinhalb Millionen sind in den zurückliegenden Jahren aus der Zone und dem Ostsektor von Berlin geflohen, weil ihnen keine andere Möglichkeit blieb, ein Leben in Freiheit zu führen. Unter Aufgabe ihres Berufs, unter Zurücklassung von Hab und Gut haben sie sogar die menschlichen Beziehungen abgebrochen, die sie mit ihrer Familie, mit ihren Verwandten, mit ihren Freunden verbanden Für unzählige Menschen, die den gleichen Weg gehen wollten, ist nun die Tür zugeschlagen worden. Die Bundesregierung gibt der Hoffnung, aber auch der Überzeugung Ausdruck, daß am Beginn der auch von ihr gewünschten Verhandlungen die Aufhebung dieser Maßnahmen stehen wird. (Beifall)

Nichts könnte das deutsche Volk besser davon überzeugen. daß solche Verhandlungen der Aufrechterhaltung des Friedens In der Welt und einer dauerhaften Neuordnung der Beziehungen zwischen den Völkern dienen, als eine solche Maßnahme. Es genügt nicht, meine Damen und Herren, von Frieden zu sprechen; dem mündlichen Bekenntnis müssen Taten folgen,(Sehr wahr! bei der SPD)

die erkennen lassen, daß der Friede nicht nur z w i s c h e n, sondern erst recht und ganz besonders In den Völkern bestehen muß. (Beifall)

Jeder einzelne hat ein Recht darauf, in Frieden zu leben. Die Unfreiheit ist die schauerlichste Form der Friedlosigkeit.

Selbstbestimmungsrecht wird siegen

Lassen Sie mich zum Schluß noch einige Sätze an die Einwohner des Ost-Sektors von Berlin und der Zone richten. Ihr Leid und Ihre Sorge ist unser Leid und unsere Sorge. (Allgemeiner starker Beifall)

In Ihrer so besonders schweren Lage fanden Sie wenigstens in dem Gedanken Trost daß Sie, wenn Ihr Los nicht mehr tragbar sei, ihm durch die Flucht entgehen könnten. Es sieht jetzt so aus, meine Damen und Herren, als wenn Ihnen auch dieser Trost genommen sei. Ich bitte unsere Brüder und Schwestern in der Sowjetzone und im sowjetischen Sektor von Berlin, geben Sie die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für Sie und Ihre Kinder nicht auf. (Beifall)

Wir sind überzeugt, daß es den Anstrengungen der freien Welt und inbesondere auch unseren Anstrengungen doch eines Tages gelingen wird, Ihnen die Freiheit wieder zu verschaffen. (Erneuter Beifall)

Das Selbstbestimmungsrecht wird seinen Siegeszug durch die Welt fortsetzen und wird auch vor den Grenzend er Zone nicht halt machen. Sie werden eines Tages, glauben Sie es mir, mit uns in Freiheit vereint sein. Wir stehen nicht allein in der Welt, das Recht steht auf unserer Seite, und auf unserer Seite stehend die Völker der Welt, die die Freiheit lieben. (Anhaltender starker Beifall bei der CDU – Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das Parlament, 11. Jg. Nr. 35, 23. August 1961, S. 3-4 (Auszug)
Zum Seitenanfang