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Entwurf des Gesetzes über Reisen von DDR-Bürgern ins Ausland, 6. November 1989

Entwurf des Gesetzes über Reisen von DDR-Bürgern ins Ausland, 6. November 1989

Entwurf

GESETZ
über
Reisen von Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik
in das Ausland

- Reisegesetz -
vom...



§1
Geltungsbereich


(1) Die Bestimmungen des Gesetzes gelten für Reisen von Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik in das Ausland.
(2) Reisen im Sinne dieses Gesetzes sind Dienst- und Privatreisen sowie ständige Ausreisen.

Grundsätze
§2


(1) Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik haben das Recht, in das Ausland zu reisen.
(2) Minderjährige bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres können nur in Begleitung von Erziehungsberechtigten oder eines Beauftragten der Erziehungsberechtigten in das Ausland reisen.
(3) Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik haben das Recht, jederzeit in die Deutsche Demokratische Republik einzureisen.

§3

Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik haben das Recht, einen Reisepaß der Deutschen Demokratischen Republik zu erwerben.

§4

(1) Für Reisen in das Ausland sind ein Paß der Deutschen Demokratischen Republik und eine darin eingetragene Genehmigung -Visum- erforderlich. Soweit zwischenstaatlich vereinbart, können Dienst- und Privatreisen in das Ausland paß- und visafrei erfolgen.
(2) Eine Genehmigung kann für eine Reise oder mehrere Reisen nach einem Staat oder mehreren Staaten erteilt werden.
(3) Genehmigungen für Dienst- und Privatreisen werden befristet.
(4) Für Privatreisen und ständige Ausreisen erforderliche Einreise- bzw. Transitvisa anderer Staaten sind durch den Bürger einzuholen.

§5

(1) Die Genehmigung einer Privatreise begründet keinen Anspruch auf den Erwerb von Reisezahlungsmitteln.
(2) Festlegungen über Möglichkeiten des Erwerbs von Reisezahlungsmitteln und deren Höhe trifft der Minister der Finanzen in Abstimmung mit dem Präsidenten der Staatsbank der Deutschen Demokratischen Republik auf der Grundlage von Entscheidungen des Ministerrates in Rechtsvorschriften.

§6

(1) In Übereinstimmung mit Artikel 12 der Konvention über zivile und politische Rechte darf die Genehmigung für eine Reise nur dann versagt werden, wenn dies zum Schutz der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit oder der Moral oder der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
(2) Die Versagung der Genehmigung für Reisen in das Ausland trägt Ausnahmecharakter.

§7

Die Erteilung der Genehmigung für eine ständige Ausreise kann ausgesetzt werden, bis der Antragsteller
  1. Zahlungsverpflichtungen oder andere Verbindlichkeiten oder Unterhaltsrückstände beglichen hat,
  2. seine Eigentums- und Nutzungsrechte an Grundstücken und Gebäuden geregelt hat.

§8
Entscheidungen und Bearbeitungsfristen

(1) Entscheidungen zu Dienst- und Privatreisen treffen die Leiter Paß- und Meldewesen der zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei.
(2) Entscheidungen zu ständigen Ausreisen treffen die Leiter der Abteilungen Innere Angelegenheiten oder Genehmigungsangelegenheiten des zuständigen Rates des Kreises/Stadtbezirkes.
(3) Anträge für Dienst- und Privatreisen sind innerhalb von 30 Tagen zu entscheiden. In dringenden Fällen wird über den Antrag innerhalb von 3 Arbeitstagen entschieden.
(4) Anträge für ständige Ausreisen sind in der Regel innerhalb von 3 Monaten, spätestens jedoch innerhalb von 6 Monaten, zu entscheiden.

§9

Information über Entscheidungen

Über eine getroffene Entscheidung ist der Antragsteller zu informieren. Eine ablehnende Entscheidung ist schriftlich mitzuteilen und zu begründen. Rechtsmittel und gerichtliche Nachprüfung

§10

(1) Gegen eine nach diesem Gesetz getroffene Entscheidung ist das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig. Der von der Entscheidung Betroffene ist darüber zu informieren.
(2) Soweit Entscheidungen durch den Leiter Paß- und Meldewesen der Dienststelle der Deutschen Volkspolizei getroffen wurden, regelt sich das Beschwerdeverfahren nach Paragraph 19 des Gesetzes vom 11. Juni 1968 über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei (GBl. I Nr. 11 S. 232).
(3) Beschwerden gegen Entscheidungen des Leiters der Abteilung Innere Angelegenheiten oder Genehmigungsangelegenheiten des Rates des Kreises/ Stadtbezirkes sind innerhalb von 2 Wochen nach Bekanntwerden der Entscheidung schriftlich bei diesem einzulegen. Kann er der Beschwerde nicht abhelfen, hat er diese bis 4 Wochen nach ihrem Eingang seinem übergeordneten Leiter des Rates des Bezirkes/ Stadtkreises vorzulegen. Dieser hat innerhalb weiterer 6 Wochen endgültig zu entscheiden. Kann diese Frist nicht eingehalten werden, ist ein Zwischenbescheid zu erteilen.

§ 11

(1) Gegen eine Entscheidung nach diesem Gesetz und den zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften kann der Betroffene, nachdem über seine Beschwerde entschieden ist, innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der abschließenden Entscheidung Antrag auf Nachprüfung durch das Gericht stellen.
(2) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des Gesetzes vom 14. Dezember 1988 über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen (GBl. I Nr. 28 S.327).
(3) Die gerichtliche Nachprüfung ist nicht zulässig, wenn der Beschwerde aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben wurde.

§12
Wiederholung der Antragstellung

Anträge auf Privatreisen und ständige Ausreisen können erneut gestellt werden, wenn die Gründe, die zur Ablehnung des Antrages geführt haben, nicht mehr vorliegen oder nach der Entscheidung 6 Monate vergangen sind. Schlußbestimmungen

§13

Für Ausländer, einschließlich Staatenlose, mit ständigem Wohnsitz in der Deutschen Demokratischen Republik finden die Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechende Anwendung.

§14

Die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsvorschriften erlassen der Ministerrat, der Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei sowie der Minister der Finanzen.

§15

(1) Dieses Gesetz tritt am ... in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten außer Kraft:
  1. die Verordnung vom 30. November 1988 über Reisen von Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik nach dem Ausland (GBl. I Nr. 25 S.271)
  2. die Erste Durchführungsbestimmung vom 14. März 1989 zur Verordnung über Reisen von Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik nach dem Ausland (GBl. I Nr. 8 S.119).


Quelle: Neues Deutschland, 6.11.1989.
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