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Tätigkeitsbericht der West-Berliner Schutzpolizei für den Monat Januar 1962

Tätigkeitsbericht der West-Berliner Schutzpolizei für den Monat Januar 1962

S 1 – 1/62
Berlin, den 5. Februar 1962

Vertraulich!
Verschlossen!

An den
Herrn Polizeipräsidenten in Berlin


Betr.: Tätigkeitsbericht des S für den Monat J a n u a r 1962

I. Sicherheits- und Ordnungsdienst der Schutzpolizei

1. Zusammenfassung der hauptsächlichsten Ereignisse an Sektor- und Zonengrenze

a) In der Berichtszeit wurden durch Vopo an den Sektorgrenzübergangsstellen Heinrich-Heine-Str., Sonnenallee, Chausseestr. und Bornholmer Str. winterfeste Kontroll- bzw. Unterkunftsbaracken errichtet. Diese Arbeiten wurden am 31.1.1962 abgeschlossen.

Der Ausbau der östlichen Grenzsperren entlang den übrigen Stellen der Sektor- und Zonengrenze wurde fortgesetzt.

An verschiedenen Stellen der Grenze, an denen bislang die Möglichkeit bestand, daß sich Ost- und West-Berliner zuwinkten, wurden durch Arbeitskommandos der Vopo 20 bis 50 m lange und 2 m hohe hölzerne Sichtblenden aufgestellt (u.a. Gleimstr., Schwedter Str., Adalbertstr., Melchior- Ecke Fritz-Heckerstr. und in Teltow, Badstr., sowie in Staaken, gegenüber Finkenkruger Weg 21).

Im Laufe des Monats wurden durch Vopo bzw. Grepo 13 neue Beobachtungstürme aufgestellt (Gesamtzahl z.Zt. 100).

In der Zeit vom 1.1. – 5.1. und vom 25.1. – 27.1.62 wurden von sowjetsektoraler Seite entlang der Sektor- und Zonengrenze durch Großraumlautsprecher Musik- und Hetzsendungen in Richtung West-Berlin ausgestrahlt.

Die Anzahl der durch Vopo an der Sektor- und Zonengrenze fest montierten Lautsprecher beträgt z.Zt. 218 Stück.

b) Auf dem Bahngelände, Nähe Bhf. Gesundbrunnen, wurden die Abrißarbeiten am ehem. Lokschuppen abgeschlossen und die restlichen Gleisanlagen beseitigt. Nachdem das hölzerne Dach des Wasserturmes abgerissen worden ist, wird z.Zt. das Mauerwerk des Turmes abgetragen. Die Arbeiten dauern an.

c) Die seit einiger Zeit bestehende Vermutung, daß sich in der Vorhalle des S-Bhf. Bornholmer Str. ein Stützpunkt für sowjetische Soldaten befindet, wurde bestätigt. Es wurde wiederholt beobachtet, daß sich in einem Raum der Vorhalle 5 Soldaten der Sowjetarmee aufhalten.

d) Seit dem 5.1.1962 wurde in mehreren Fällen Bewohnern der Stadt Düsseldorf und Umgebung das Betreten des Sowjetsektors wegen der in Düsseldorf aufgetretenen Pockenerkrankungen verweigert. Vereinzelt konnten Personen nach Vorlage einer Impfbescheinigung den Sowjetsektor betreten.

e) Am 6.1.1962, 00.15 Uhr, begab sich ein 20-jähriger West-Berliner am Gleimtunnel in die Kanalisation, die von West-Berlin in den Sowjetsektor führt, um Fluchtmöglichkeiten für Angehörige zu erkunden. Hierbei löste er im Sowjetsektor (Ausgang Gleimtunnel) eine in der Kanalisation befindliche Alarmvorrichtung aus. Vopo stieg daraufhin in die Kanalisation ein und gab auf den Flüchtenden 2 MP-Schüsse ab, die jedoch ihr Ziel verfehlten.

Am 6.1.1962, 01.45 Uhr, versuchte eine ca. 30- bis 35-jährige männliche Person, ostwärts des Timmendorfer Weges (Rudow), aus dem Sowjetsektor von Berlin zu fliehen. Der Fluchtversuch wurde von 5 Grepo bemerkt, die MP-Feuerstöße auf den Flüchtenden abgaben. Ob dieser getroffen wurde, konnte nicht festgestellt werden. Ca. 10 m vor dem Stacheldraht nahmen Grepo die männliche Person fest und führten sie in Richtung Süden ab.

Am 20.1.1962, gegen 08.45 Uhr, vernahm der Posten des Stützpunktes Frohnau, Oranienburger Chaussee, ca. 100 m ostwärts der Oranienburger Chaussee, auf SBZ-Gebiet eine Detonation. Durch Beobachtung konnte festgestellt werden, daß ein Offizier und 4 Grepo eine Person mit einer Trage in Richtung Hohenneuendorf abtransportierten. Aus einer teilweise mitgehörten Unterhaltung zwischen einem Offizier und einem Grepo konnte entnommen werden, daß es sich bei der verunglückten Person um einen dort Dienst versehenden Grepo handelte. Ursache der Detonation ist hier nicht bekannt.

Am 26.1.1962, gegen 08.30 Uhr, wurde in Spandau, Nennhauser Damm, Nähe Postamt in der SBZ, eine ca. 18-jährige weibliche Person, die sich in der Nähe des Grenzzaunes befand, durch eine Grepo-Doppelstreife festgenommen. Vor der Festnahme feuerte 1 Grepo etwa 4 bis 5 Schüsse auf die Flüchtende aus einer MP ab, wodurch sie vermutlich verletzt worden ist.

[...]

Quelle: Polizeihistorische Sammlung des Polizeipräsidenten in Berlin
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