Bericht der West-Berliner Polizei über den Fluchtversuch von Olga Segler
14. November 1961
Betr.: Seit dem 13.8.61 geflüchtete Vopo und andere PersonenBezug: PI Wd – Az. 62.80/61 vom 29.9.61
Im Nachgang zu o.a. Bezug meldet die PI Wd, daß nunmehr – 3 Monate nach dem 13.8.61 – insgesamt
421 Bewohner des Sowjetsektors und der Sowjetzone
über die Sektorgrenze des Bezirks Wedding geflüchtet sind. Im einzelnen erfolgte die Flucht auf folgende Weise:
a) 106 Personen durch Übersteigen der Sperrmauer
b) 73 " " Abseilen aus Wohnungen
c) 71 " " Sprung in Sprungtuch bzw. auf Straßenpflaster
d) 22 " " Flucht über Leiter
e) 44 " " die Kanalisation
f) 84 " " auf sonstige Art
Außer der in meinem Schreiben vom 29.9.61 bereits erwähnten tödlich verletzten Frau Siekmann und dem im Lazarus-Krankenhaus an den Folgen der bei der Flucht erlittenen Verletzungen verstorbenen Herrn Urban ist bei den unter c) aufgeführten Personen Frau Segler am 26.9.61 an einem Herzleiden im Lazarus-Krankenhaus verstorben. Frau S. war am 25.9.61 aus ihrer im 2. Stock Bernauer Str. 34 gelegenen Wohnung in ein Sprungtuch der Feuerwehr gesprungen und hatte sich dabei eine Rückenprellung zugezogen. Wenn auch der am 26.9. eingetretene Tod nicht ursächlich mit ihrem Sprung aus der Wohnung in Zusammenhang steht, so dürfte doch die bei der Flucht erlittene Aufregung ihr Ableben beschleunigt haben. Am 4.10.61 hat Herr Lünser – nach vorausgegangenem Schußwaffengebrauch – beim Sprung vom Dach des Hauses Bernauer Str. 44 das Sprungtuch der Feuerwehr verfehlt und ist dabei tödlich verunglückt.
Im gleichen Zeitraum flüchteten – in der Gesamtzahl 421 bereits enthalten – 20 Angehörige der Vopo und ähnlicher Organisationen sowie 1 Angehöriger der Betriebskampfgruppen.
Quelle: Polizeihistorische Sammlung/Der Polizeipräsident in Berlin