Todesopfer > Walzer, Anton

Bericht des NVA-Stadtkommandanten Poppe über den Fluchtversuch von Anton Walzer

9. Oktober 1962

Bericht

über den verhinderten Grenzdurchbruch am 08.10.1962 gegen 22.10 im Abschnitt der 4./IV./1. Grenzbrigade

Am 08.10.1962 gegen 22.10 Uhr stellten der Postenführer

Stabsgefreiter O(...), Arno und der Posten
Soldat D(...), Dieter

eingesetzt als Posten 9 im abschnitt Mühlenstr. (11-N-2, Stadtplan Berlin 1 : 25 000) fest, wie eine Person die Grenze nach Westberlin durch Überschwimmen der Spree durchbrechen wollte. Der Postenführer forderte daraufhin die Person auf, sofort zurückzukommen und gab 2 Warnschüsse in Richtung des Grenzverletzers ab. Da die Person nicht darauf reagierte und weiter in Richtung Westberlin schwamm, gaben der Postenführer und der Posten mehrere gezielte Schüsse ab, in deren Ergebnis der Grenzverletzer getroffen wurde und in der Spree versank.

Die Leiche wurde am 09.10.1962 gegen 08.25 Uhr aus der Spree geborgen und der IV. Grenzabteilung zugeführt. Bei dem Grenzverletzer handelt es sich um:
    Walzer, Anton
    27.04.1902 in Weila/Ravensburg
    wohnhaft: Berlin-Weißensee, (...)
    Beruf: Lacksieder
    DPA-Nr.: (...)
    zugezogen 1959 aus Offenbach/Main
Der Grenzdurchbruch wurde während der eigenen Handlungen von Westberliner Seite durch ca. 7 gezielte Schüsse auf unsere Posten unterstützt. Durch das taktisch richtige Verhalten der Genossen hatte die Feuerwehrführung der Westberliner Provokateure keinen Erfolg.

Zur Zeit des versuchten Grenzdurchbruches sammelten sich auf Westberliner Seite ca. 150 Zivilpersonen und mehrere uniformierte Kräfte Westberlins sowie ein Fahrzeug der US-Armee an. Während der Bergungsarbeiten am 9.10.1962 wurden von Westberliner Seite Film- und Fernsehaufnahmen getätigt.

Schlußfolgerungen:
    1. Die eingesetzten Posten haben trotz des gezielten gegnerischen Feuers initiativreich und taktisch richtig gehandelt und dadurch den erteilten Kampfauftrag vorbildlich erfüllt.

    2. Durch die Abteilungskommandeure und Kompaniechefs wurde mit den im Grenzgebiet befindlichen staatlichen Institutionen und Betrieben noch nicht ein enges Verhältnis als Voraussetzung einer guten Zusammenarbeit zur wirksamen Sicherung der Staatsgrenze hergestellt. (Betriebsschutz bzw. Wachkräfte) Das Zusammenwirken mit den im grenznahen Gebiet handelnden Kräften des MdI ist noch nicht in vollen Umfange verwirklicht.

    3. Das Vorkommnis zeigt, daß die zur Zeit zur Verfügung stehenden Mittel der technischen Ausrüstung (Scheinwerfer, Funk, Mot.-Streifen usw.) unzureichend sind und einer Verbesserung bedürfen, um in ähnlichen Situationen zielstrebiger und sicherer aktive Handlungen durchführen zu können.
Ausgehend von der Tatsache, daß von Westberliner Seite aus, entgegen den internationalen Bestimmungen gezieltes Feuer auf das Territorium der DDR geführt wurde, schlage ich vor, diese Provokation entsprechend auszuwerten (Beweismaterial wurde sichergestellt.)

Generalmajor
Poppe

Quelle: BStU, MfS, HA XX Nr. 5310, Bl. 6-8
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