Todesopfer > Kube, Karl-Heinz

Bericht der Staatsanwaltschaft Potsdam zu Diskussionen von Ruhlsdorfer Jugendlichen über die Erschießung von Karl-Heinz Kube, 16. Januar 1967

Versammlungsbericht

Ort und Zeit der Versammlung bzw. Aussprache:

9.1.67 Jugendclub in der Gemeinde Ruhlsdorf

Welcher Personenkreis und wieviel nahmen daran teil:

25 Personen, Jugendliche

Welches Thema wurde behandelt:

Die Unantastbarkeit der Staatsgrenze der DDR

Wieviel Diskussionsbeiträge:

8

Besonderer Inhalt der Diskussionsbeiträge und wie wird die Versammlung bzw. Aussprache eingeschätzt:

Die Versammlung im Jugendklub machte sich erforderlich, da unter den Jugendlichen Diskussionen aufgetreten waren, die eine Klärung erforderlich machten.

Ein Jugendlicher aus Ruhlsdorf der versucht hatte die Staatsgrenze zu durchbrechen, konnte von den Grenzsicherungskräften nur durch Anwendung der Schußwaffe an der Verwirklichung seines Vorhabens gehindert werden.

Bei den Jugendlichen gab es nun solche Vorstellungen, gemeinsam vom Jugendklub aus an der Beisetzung teilzunehmen und ein Bild des Grenzverletzers vergrößern zu lassen und im Jugendklub anzubringen. In den einleitenden Ausführungen wurde den Jugendlichen die Notwendigkeit der Gewährleistung der Sicherheit im Grenzgebiet aufgezeigt und dargelegt, daß es keine Veranlassung gibt, sich mit der Handlung eines Grenzverletzers irgendwie zu solidarisieren. In der nachfolgenden Diskussion wurden von den Jugendlichen im wesentlichen folgende Fragen gestellt.

Gibt es ein gesetzliches Verbot nachdem die Teilnahme an der Beisetzung verboten ist, was geschieht, wenn trotzdem alle Jugendlichen an der Beisetzung teilnehmen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, daß man sich nicht mit der Handlung des Grenzverletzers solidarisieren will, sondern daß man ihn nur als Jugendlichen der im gleichen Alter steht ehren will. Über diese Frage kam es zu längeren Auseinandersetzungen. Es wurde den Jugendlichen aufgezeigt, daß man die begangene Tat nicht ungeschehen machen und nicht außer Acht lassen kann. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Teilnahme an der Beisetzung auch nicht eine nur persönliche Angelegenheit. Im Verlauf der Aussprache mußte festgestellt werden, daß mit den Jugendlichen in Ruhlsdorf eine ungenügende politische Arbeit geleistet wird. Durch die FDJ erfolgt keine Einflußnahme. Der Rat der Gemeinde fühlt sich von der materiellen Seite her für den Jugendklub verantwortlich, jedoch wird auf den Inhalt der Arbeit nur ungenügend Einfluß genommen. Charakteristisch wird das dadurch, daß sich im Jugendklub kein Bild eines führenden Staatsmann der DDR befindet, daß man aber das Bild des Grenzverletzers anbringen wollte. Es kann eingeschätzt werden, daß durch die Aussprache einige Fragen geklärt wurden.

K(...) Staatsanwalt

Quelle: BStU, Ast. Potsdam, AU 474/67, Bd. 2, Bl. 35-36
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