Todesopfer > Freie, Lothar Fritz

Lothar Fritz Freie: MfS- Information über den Tathergang

7. Juni 1982

Information

Am 4.6.1982 gegen 23.20 Uhr wurde im Grenzabschnitt Berlin-Prenzlauer Berg, "Helmut-Just-Brücke", eine um 23.07 Uhr vom Westberliner Territorium aus in die DDR eingedrungene männliche Person, die nicht im Besitz von Ausweispapieren war, unter Anwendung der Schußwaffe gestellt. Nach gegenüber Angehörigen der Grenztruppen der DDR gemachten Äußerungen handelt es sich bei ihm um den Bürger der BRD
    FREIER, Lothar (27)
    geb. am : 7.2.1955
    wohnhaft: (...), BRD (...)
    Abt. XII nicht erfaßt.
Aufgrund der erlittenen Schußverletzungen wurde FREIER in das Krankenhaus der Deutschen Volkspolizei Berlin eingeliefert, wo er am 6.6.1982 gegen 4.00 Uhr seinen Verletzungen erlag. Eine Befragung dieser Person war wegen ihres Gesundheitszustandes nicht mehr möglich.

Die im Zusammenwirken mit der BV Berlin, Abt. IX/SK, geführten Untersuchungen ergaben:

Am 4.6.1982 um 23.07 Uhr stellten die im Grenzabschnitt "Helmut-Just-Brücke" eingesetzten Grenzposten das GR (...)
    Gefr. W(...) Wolfgang
    (Postenführer)
und
    Gefr. (...), (...)
    (Posten)
von ihrem Postenturm aus eine männliche Person fest, die unterhalb der "Helmut-Just-Brücke" in das Gebiet der DDR von Berlin (West) aus eingedrungen war und sich im vorgelagerten Territorium parallel zum Grenzverlauf in Richtung "Bornholmer Brücke" bewegte. Nach Erstatten einer entsprechenden Meldung wurden sie vom zuständigen Führungspunkt angewiesen, der Bewegungsrichtung des Grenzverletzers zu folgen und ihn zu stellen. Weisungsgemäß begab sich dieses Postenpaar entlang des tatsächlichen Grenzverlaufs in Richtung "Bornholmer Brücke", während das Postenpaar im nördlich angrenzenden Postenbereich, die
    Gefr. K(...), Jürgen
    (Postenführer)
und
    Gefr. I(...), Jörg
    (Posten)
entsprechend dem vom Führungspunkt erhaltenen Befehl ihren Standort in Höhe der Straße "Esplanade" verließen und sich entlang der DDR-seitigen Grenzmauer in Richtung "Bornholmer Brücke" bewegten. Sie handelten mit der Zielstellung, die eingedrungene Person zum Verlassen des Territoriums der DDR auszufordern bzw. im Falle der Weigerung deren Festnahme zu tätigen. Während das Postenpaar W(...)/ (...) den Grenzverletzer aus ihrem Sichtbereich verloren hatte, traf das Postenpaar K(...)/ I(...) in Höhe "Bornholmer Brücke" auf diesen und forderte ihn auf, das Staatsgebiet der DDR zu verlassen. Die eingedrungene Person leistete dieser Aufforderung unverzüglich Folge und begab sich im Laufschritt wieder Richtung "Helmut-Just-Brücke", wobei er aus dem Sichtfeld des genannten Postenpaares geriet. Zwischen "Bornholmer Brücke" und "Helmut-Just-Brücke" wurde der Grenzverletzer erneut durch das Postenpaar W(...) /(...) aufgenommen und in Unkenntnis der an ihn erfolgten Aufforderung zum Verlassen des Staatsgebietes der DDR durch den Gefr. (...) entsprechend bestehenden Dienstvorschriften zum Stehenbleiben aufgefordert. Als dieser dem und einem weiteren Anruf nicht folgte, sondern weiterhin im Laufschritt Richtung Verlin (West) lief, gab Gefr. (...) zur Warnung einen Feuerstoß aus seiner Dienstwaffe in die Luft ab. Infolge der Nichtbeachtung dieser Warnschüsse erfolgten nunmehr durch Gefr. (...) aus ca. 30 m Entfernung zwei gezielte Feuerstöße auf die unteren Gliedmaßen des Grenzverletzers, in deren Folge er im linken Oberschenkel und Hüftbereich verwundet wurde und gestellt werden konnte. Durch das Postenpaar W(...)/ (...) erfolgte sofort seine Entfernung aus dem von westlicher Seite einsehbaren Gebiet und im B-Turm "Helmut-Just-Brücke" eine medizinische Notversorgung.

Während dieser Zeit konnten durch die Grenzsicherungskräfte die eingangs genannten Angaben zu seiner Person erfragt werden. Aufgrund der erlittenen lebensgefährlichen Schußverletzungen, die mehrfache mehrstündige Operationen erforderlich machten, war eine Befragung des FREIER zum Sachverhalt durch Kräfte der HA IX/9 nicht mehr möglich.

Während der Ereigniszeit wurde im feindlichen Vorfeld durch das Postenpaar W(...)/ (...) festgestellt, daß eine nicht identifizierte Person unmittelbar nach Abgabe der Schüsse Beschimpfungen gegen die Grenzsicherungsorgane der DDR zum Ausdruck brachte.

Nach Bergung des Grenzverletzers treten laut Feststellung der Grenztruppen von 23.00 Uhr ca. 10 Westberliner Polizei- und Zollbeamte in Erscheinung, die das Territorium der DDR im Bereich "Bornholmer Brücke" mit Scheinwerfern ableuchteten.

Ein Zusammenhang der Grenzprovokation zu einer am gleichen Tage gegen 22.15 Uhr im Grenzabschnitt "Helmut-Just-Brücke" festgestellten Grenzverletzung durch 3 männliche Personen, die u.a. Fotoaufnahmen des Beobachtungsturmes auf der genannten Brücke tätigten und danach auf das Gebiet von Berlin (West) zurückkehrten, konnte bisher nicht festgestellt werden.

Über das MfAA der DDR wurden entsprechende Maßnahmen zur Identifizierung des Grenzverletzers eingeleitet.

Durch das MfNV der DDR wurde nach Bestätigung die beigefügte ADN-Meldung abgesetzt.

Hey Hauptmann

Quelle: BStU, MfS, GH 61/83, Bd. 1 Bl. 119-121
Zum Seitenanfang