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Häftlings-Freikauf

Von Deutschland-Ost nach Deutschland-West: Ein Bus transportiert freigekaufte DDR-Häftlinge von Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) in die Bundesrepublik
Gefängnisflur in der Strafvollzugseinrichtung Karl-Marx-Stadt (Chemnitz); Aufnahme 1987
Rund 12.000 politische Häftlinge in DDR-Gefängnissen sind der Bundesregierung Anfang der 1960er-Jahre namentlich bekannt. Häufig mit Terrorurteilen der SED-Justiz belegt, besteht für sie wenig Hoffnung auf baldige Freiheit. Schon seit den 1950er-Jahren bemühen sich westdeutsche Einrichtungen um ihre Freilassung – ohne Erfolg. 1963 erklärt sich die DDR nach zähen Verhandlungen erstmals bereit, acht Häftlinge gegen eine Barzahlung von 340.000 DM an die Bundesrepublik zu verkaufen. Mit diesem Deal testen beide deutsche Staaten erfolgreich, dass die jeweils andere Seite willens und imstande ist, die Vertraulichkeit dieses Menschenhandels zu gewährleisten. Danach zeigt sich die DDR bereit, jährlich zwischen 500 und 1.500 politische Gefangene an die Bundesrepublik zu verkaufen. Verhandlungspartner auf der Ostseite ist Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Vogel, auf der Westseite das gesamtdeutsche, später innerdeutsche Ministerium. Mit einem Bus werden die Freigekauften über den Grenzübergang Herleshausen von Deutschland-Ost nach Deutschland-West verfrachtet. Um zukünftige Transaktionen nicht zu gefährden, wird ihnen absolutes Stillschweigen auferlegt.
Doppelzelle in der Potsdamer Stasi-Untersuchungshaftanstalt Lindenstraße 54/55; Aufnahme 2006
Der Kopfpreis wird zunächst individuell ausgefeilscht – je nach beruflicher Ausbildung und der Höhe der verhängten Strafe. Mitte der 1960er-Jahre tritt an die Stelle eines individuellen ein Durchschnittspreis von 40.000 DM pro Häftling; bis Ende der 1980er-Jahre steigt er auf 95.847 DM an. Die Bezahlung erfolgt nicht mehr bar, sondern in Form von Warenlieferungen über das Diakonische Hilfswerk der Evangelischen Kirche. Für die DDR ist dieser Menschenhandel eine wichtige und verlässliche Devisenquelle, denn ihr politisches Strafrecht sorgt dafür, dass fortlaufend neue Häftlinge für den Verkauf zur Verfügung stehen.
Für Gegenleistungen im Wert von über 3,5 Milliarden DM erreicht die Bundesregierung zwischen 1964 und 1989 neben der Übersiedlung von 2.000 Kindern zu ihren Eltern und rund 250.000 Familienzusammenführungen die vorzeitige Freilassung von 33.755 Häftlingen. Ob der Häftlingsfreikauf eine humanitäre Aktion oder ein verwerflicher Menschenhandel war, ist bis heute umstritten.

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