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Fluchthilfe mit einer trojanischen Kuh, 7. Juli 1969

Fluchtversteck in einem präparierten Bullen; Aufnahme Juli 1969
Zweimal schon hat eine "trojanische Kuh" Fluchtwillige in den Westen getragen. Doch beim dritten Versuch fliegt der Trick mit dem Ausstellungsobjekt auf. Am Abend des 7. Juli 1969 transportieren zwei Fluchthelfer den präparierten Bullen mit einem Klein-Lastwagen über die Transitautobahn nach West-Berlin. Unterwegs steigt die 18-jährige Angelika B. aus Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) zu, die mit ihrem West-Berliner Verlobten im Westen zusammen leben will. Sie verbirgt sich in dem hohlen Tierkörper, der in einer Holzkiste steht. Für die Flucht hat der Verlobte 5.000 D-Mark angezahlt; gelingt das Vorhaben, ist der gleiche Betrag noch einmal fällig.

Doch am Grenzübergang Drewitz wird das Versteck entdeckt, das Trio festgenommen und in die Potsdamer Stasi-Untersuchungshaftanstalt in der Lindenstraße verbracht. "Die Kontrolleure haben den LKW von hinten aus der Schlange geholt. Das beweist, dass die Flucht verraten war und sie auf uns gewartet haben. Sie standen dann dort mit Scheinwerfern und haben uns fotographiert", berichtet Angelika B. später.

Die Fluchthelfer werden am 15. Oktober 1969 vom Bezirksgericht Potsdam „wegen staatsfeindlichen Menschenhandels“ zu mehr als drei Jahren Gefängnis verurteilt, Angelika B. erhält wegen versuchten "ungesetzlichen Grenzübertritts" eine Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.

Nach vier Monaten wird sie von der Bundesrepublik freigekauft.

Quelle: Hans-Hermann Hertle, Die Berliner Mauer – Monument des Kalten Krieges, Bonn 2007, S. 76/77

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