Chronik

Chronik 1961

Ãœberblick

In der Nacht vom 12. auf den 13. August gab Walter Ulbricht als SED-Parteiführer und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR den Befehl zur Abriegelung der Sektorengrenze in Berlin. Im Einverständnis mit der Sowjetunion, wenige Tage zuvor in Moskau eingeholt, und mit Rückendeckung der sowjetischen Truppen in der DDR wird das letzte „Schlupfloch" versperrt, durch das der Parteidiktatur noch zu entkommen ist: Am frühen Morgen des 13. August beginnen bewaffnete Grenzpolizisten mitten in Berlin das Straßenpflaster aufzureißen. Mehr
  • Januar 
  • Februar 
  • März 
  • April 
  • Mai 
  • Juni 
  • Juli 
  • August 
  • September 
  • Oktober 
  • November

     
    • 1. November

      1961

      Schwarz-Weiß-Aufnahme. Ein dreigeschossiger Häuserblock steht in der Bildmitte, links ein Giebelhaus, im Vordergrund eine Straßenlaterne und ein Stück Rasen.
      Die im Oktober 1961 in der Bundesrepublik eingerichtete „Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen zur Registrierung sowjetzonaler Gewaltakte" nimmt im Laufe des Novembers ihre Arbeit auf. Ihre Aufgabe ist es, alles erreichbare Material über Gewaltakte und Unrechtstaten an der innerdeutschen Grenze, der Mauer und in der DDR zu sammeln und für eine spätere Anklageerhebung zu registrieren.


      Zur politischen und moralischen Bedeutung der Zentralen Erfassungsstelle hebt dessen erster Leiter, Staatsanwalt Friedrich Höse, hervor: „Jeder Volkspolizist soll wissen, daß ein Vergehen oder Verbrechen von uns nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verfolgt wird, daß wir ihn zur Rechenschaft ziehen, sofern er einmal in das Gebiet der Bundesrepublik kommt, vielleicht selbst einmal als Flüchtender." (Die Welt, 26.1.1962) Bis 1989 werden in der Zentralen Erfassungsstelle, die nicht wie ursprünglich geplant in Hannover, sondern in Salzgitter angesiedelt wird, rund 42.000 Vorermittlungsverfahren eingeleitet.
      weniger anzeigen
    • 7. November

      1961

      Vereidigung von Konrad Adenauer als Bundeskanzler im Deutschen Bundestag, 7. November 1961. CDU-Wirtschaftsminister Ludwig Erhard (links im Bild) tritt 1964 seine Nachfolge an.
      Konrad Adenauer wird im Deutschen Bundestag mit knapper Mehrheit erneut zum Bundeskanzler gewählt. Die FDP, die während des Wahlkampfs eine Koalition mit der CDU/CSU vom Rückzug Adenauers abhängig gemacht hatte, setzt jedoch durch, dass Adenauer noch während der Legislaturperiode das Amt an den Wunschkandidaten der FDP, Ludwig Erhard, übergibt.
    • 9. November

      1961

      Kroll und Adenauer sitzen auf Sesseln an einem niedrigen Tisch und unterhalten sich mit ernster Miene.
      In einem Gespräch mit dem Botschafter der Bundesrepublik in Moskau, Hans Kroll, bekennt sich der sowjetische Ministerpräsident und KPdSU-Chef Nikita Chruschtschow zu seiner Verantwortung für den Bau der Berliner Mauer: Mehr
    • 11. November

      1961

      Im RIAS berichtet ein geflüchteter Transportpolizist über die Existenz einer Grenzsondereinheit bei der dem DDR-Innenministerium unterstellten Transportpolizei der Deutschen Reichsbahn. Die Schießbestimmungen in dieser Einheit seien verschärft und es sei angewiesen worden, dass kein Flüchtling lebend nach West-Berlin entkommen dürfe.
    • 13. November

      1961

      Man blickt auf zwei Züge und einen Bahnsteig voller Menschen. Auf dem Dach des Gebäudes im Hintergrund ist eine Flagge zu erkennen und der Schriftzug Elektroapperatewerke J. W. Stalin
      Auf Anweisung des SED-Politbüros beschließt der Ost-Berliner Magistrat die Umbenennung der Stalinallee, des VEB Elektroapparatewerke J.W. Stalin und die Entfernung des Stalin-Denkmals. Die Städte Stalinstadt und Fürstenberg (Oder) werden vereinigt und in Eisenhüttenstadt umbenannt. Damit folgt die SED-Führung Beschlüssen des XXII. KPdSU-Parteitages zur Beseitigung des Stalin-Personenkults.
    • 14. November

      1961

      Nach Pressemeldungen, denen zufolge der Bonner Botschafter in Moskau, Hans Kroll, ohne Absprache mit der Bundesregierung und den Westmächten in einem Gespräch mit Chruschtschow Überlegungen zur Deutschland- und Berlin-Frage entwickelt haben soll, die auf eine Akzeptierung der sowjetischen Forderungen hinauslaufen, wird der Botschafter zur Berichterstattung nach Bonn zurückgerufen.
    • 14. November

      1961

      Aufnahme der Windschutzscheibe, die auf der linken Seite von einem Einschuss zersplittert ist. In der Motorhaube ist ein weiteres Einschussloch.
      Fünf Ost-Berlinern gelingt mit einem gepanzerten Vorkriegs-Opel die Flucht über den Grenzübergang Chausseestraße nach West-Berlin. Mehr
    • 18. November

      1961

      Nach Ansicht von General Lucius Clay, dem Sonderbeauftragten von US-Präsident Kennedy in West-Berlin, wäre kein Krieg ausgebrochen, wenn am 13. August 1961 alliierte Panzer in Berlin aufgefahren wären und Pioniere die Stacheldrahtverhaue an der Sektorengrenze beseitigt hätten. Mehr
    • 19. November

      1961

      In Ost-Berlin wird eine durch den Mauerbau erforderliche Nord-Süd-S-Bahnstrecke eingeweiht, die Oranienburg mit dem Ost-Berliner Zentrum verbindet. Tage zuvor sendet RIAS eine Reportage zur Geschichte und zu den Hintergründen des S-Bahn-Rings um Berlin.
    • 19.-21. November

      1961

      Am Brandenburger Tor wird innerhalb von drei Tagen eine halbrunde, zwei Meter starke und etwa zwei Meter hohe, panzersichere Mauer errichtet, in der Bernauer Straße und vom Potsdamer Platz bis zur Lindenstraße die schon bestehende Mauer durch das Anlegen von Panzersperren aus alten Schienen verstärkt. Die neuen Absperrungen sollen einen Panzerdurchbruch der westlichen Alliierten nach Ost-Berlin erschweren.
    • 19.-22. November

      1961

      In Begleitung von Außenminister Gerhard Schröder und Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß trifft Bundeskanzler Konrad Adenauer in Washington mit US-Präsident John F. Kennedy zusammen. Mehr
    • 20. November

      1961

      Nach einem Schweigemarsch tausender West-Berliner Jugendlicher und Studenten anlässlich des hundersten Tages des Bestehens der Mauer kommt es am Abend zu Konfrontationen an der Sektorengrenze in der Wilhelmstraße. Die West-Berliner Polizei greift hart gegen Demonstranten durch, die immer wieder versuchen, gegen die Mauer anzurennen.
    • 22. November

      1961

      Während einer Aufführung von Beethovens Oper „Fidelio" in der Ost-Berliner Staatsoper applaudieren die Besucher spontan, als der Chor der Gefangenen ertönt, die aus dem Kerker ans Sonnenlicht geführt werden. Der Beifall wiederholt sich bei der Arie Florestans: „‚Wahrheit wagt’ ich kühn zu sagen, und die Ketten sind mein Lohn." Das Orchester muss angesichts der Beifallstürme mehrfach abbrechen und neu ansetzen. So berichtet im Bulletin des Presseamtes der Bundesregierung.
    • 23. November

      1961

      Hinter verschlossenen Türen kündigt Walter Ulbricht vor dem SED-Zentralkomitee die Verminung der innerdeutschen Grenze an: „Jawohl, an der Westgrenze der DDR werden Minen gelegt, ordentliche Minenfelder geschaffen. Wer das Bedürfnis hat, sich den Hals zu brechen, kann solche Versuche anstellen. Das ist seine Sache. Mehr
    • 24.-26. November

      1961

      Der britische Premierminister Harold Macmillan hält über sein Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten General Charles de Gaulle in Sussex fest, dass de Gaulle gegenwärtig keine Basis sehe, auf der der Westen befriedigende Verhandlungen mit der Sowjetunion führen könne. Die sowjetischen Minimalforderungen seien größer als die Maximalkonzessionen des Westens. Mehr
    • 24. November

      1961

      Der Chef der Berliner Senatskanzlei und spätere Regierende Bürgermeister von Berlin, Heinrich Albertz, hält in einer Aktennotiz fest, dass ihm vor dem 13. August keine nachrichtendienstlichen Erkenntnisse über den bevorstehenden Mauerbau bekanntgeworden seien. Nach seinen Erfahrungen sei es allerdings nicht auszuschließen, dass die Alliierten „zwar nicht über den Zeitpunkt, aber über das Vorhaben des 13. August informiert" waren. Aktennotiz von Heinrich Albertz, Chef der Senatskanzlei des Senats von Berlin, 24. November 1961
    • 24. November

      1961

      Mit Zustimmung der drei Westmächte unternimmt der Berliner Senat einen ersten Versuch, die Mauer durchlässig zu machen: Über das Rote Kreuz schlägt er der DDR-Seite vor, an fünf Stellen der Berliner Sektorengrenze gemeinsame Kontrollstationen für die Erteilung von Tagespassierscheinen einzurichten. Die DDR lehnt dies am 14. Dezember über den Ost-Berliner Polizeipräsidenten mit der Begründung ab, Reise- und Verkehrsfragen könnten nicht über das Rote Kreuz, sondern nur in offiziellen Verhandlungen des Senats mit der DDR-Regierung geregelt werden.
    • 26. November

      1961

      Ost-Berliner, die den St.-Hedwigs-Friedhof an der Liesenstraße aufsuchen, werden von Grenzpolizisten kontrolliert und überwacht, 26. November 1961.
      Der Ausbau der Sperranlagen macht auch vor Friedhöfen nicht halt. Am schwersten trifft es den 1784 angelegten Invalidenfriedhof an der Scharnhorststraße. Der Friedhof wird rücksichtslos zerstört. Ganze Grabfelder werden eingeebnet. Von den rund 3.000 Gräbern existieren nach dem Fall der Mauer wenig mehr als 200. Mehr
    • 26. November

      1961

      Lothar Lehmann: geboren am 28. Januar 1942, ertrunken am 26. November 1961 bei einem Fluchtversuch im Berliner Grenzgewässer, Aufnahme April 1961
      Der 19-jährige Lothar Lehmann ist im Herbst 1961 wehrpflichtiger Angehöriger der Bereitschaftspolizei Groß Glienicke, zu deren Aufgabe die Sicherung der Grenze am Außenring zu West-Berlin gehört. Am Abend steigt er in der Nähe von Sacrow in das zu dieser Jahreszeit sehr kalte Wasser der Havel, um nach West-Berlin zu flüchten. Doch das West-Berliner Ufer erreicht er nicht. Laut Obduktionsbefund verstirbt er an mittelbarem Ertrinken, Kälteschock und Kreislaufkollaps. Lothar Lehmann, geboren am 28. Januar 1942, ertrunken am 26. November 1961 in der Havel
    • 27. November

      1961

      Das Bundeskabinett beschließt für etwa 26.500 Wehrpflichtige, deren Wehrpflicht am 31. Dezember endet, eine dreimonatige Verlängerung der Dienstzeit. Zudem werden für Soldaten auf Zeit, deren Entlassungstermine zwischen dem 1. und 31. Januar 1962 liegen, die Dienstzeiten bis zum 31. März verlängert.

      Die DDR-Regierung hat schon im Oktober angekündigt, dass die Dienstzeit für bestimmte Spezialdienste in der Armee für im Herbst 1961 zu entlassende Soldaten und Offiziere um bis zu sechs Monate verlängert wird. Als Begründung werden angebliche Kriegsvorbereitungen der Bundesrepublik genannt. Ähnliche Dienstzeitverlängerungen gibt es in dieser Zeit auch in Polen, in Rumänien und in der CSSR.
    • 29. November

      1961

      Im Deutschen Bundestag verliest Vizekanzler Ludwig Erhard anstelle des erkrankten Bundeskanzlers die Regierungserklärung des neugebildeten CDU/FDP-Kabinetts. Mehr
    • 29. November

      1961

      In der Sitzung des Nationalen Verteidigungsrates der DDR wird aufgeführt: An der innerdeutschen Grenze sind seit dem 25. Oktober 1961 entlang 74 der insgesamt 1.382 Kilometer mit Spanndrähten verbundene Minen sowjetischer Fertigung verlegt worden – insgesamt 4.526 Stück, zur Tarnung grün angestrichen. Ihr tödlicher Wirkungsradius beträgt acht bis zehn Meter. Mehr
    • November 1961

      Im November 1961 werden in West-Berlin und in der Bundesrepublik 3.412 Flüchtlinge aus der DDR registriert.
    • Pressestimmen Ost im November

      Die DDR-Presse feiert die Verstärkung der Sperranlagen im Berliner Stadtzentrum als „beispiellose Leistung der Pioniere der bewaffneten Kräfte und der Bauarbeiter": Sie hätten an den drei Tagen eine Leistung vollbracht, „die der normalen Arbeit von 11.000 Bauarbeitern während einer ganzen Woche" entspreche. „Die segensreiche Wirkung, die der antifaschistische Schutzwall an unserer Staatsgrenze schon in den letzten Monaten hatte", heißt es im SED-Zentralorgan „Neues Deutschland", „wird von jetzt an noch größer sein. Die Lage, die Unantastbarkeit der DDR und die Unüberwindlichkeit ihrer Friedensmauer ist nämlich jetzt noch klarer als zuvor."
    • Pressestimmen West im November

      In der „Welt" vom 14. November 1961 spricht sich Sebastian Haffner gegen den Abschluss eines Sonderfriedensvertrages mit der Sowjetunion aus: „Der Westen hat mit der Hinnahme des 13. August seine faktische Position in Berlin entscheidend verschlechtert. Mit der Hinnahme des Sonderfriedens würde er in ganz ähnlicher Weise auch seine rechtliche und politische Berlin-Position unterminieren." Mehr
    • November 1961

      „Der Ausbau der Grenzsperren und -befestigungen im Sowjetsektor von Berlin und in der SBZ wurde durch Errichtung zusätzlicher Sperrmauern, Anlegen neuer Drahthindernisse (auch auf Dächern von Grenzhäusern), Aufstellen von Sichtblenden sowie Ausheben von Gräben und Anbringen von Scheinwerfern fortgesetzt“, so die West-Berliner Schutzpolizei in ihrem Bericht über die Entwicklung an der Sektoren- und Zonengrenze für den Monat November. Tätigkeitsbericht der West-Berliner Schutzpolizei für den Monat November 1961
  • Dezember 
Zum Seitenanfang