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Der Gedenkort für Peter Fechter

Peter Fechter ist eines der bekanntesten Opfer der Berliner Mauer. DDR-Grenzsoldaten erschossen den 18-Jährigen bei seinem Versuch, nach West-Berlin zu fliehen. Heute erinnert eine Gedenksäule in Berlin-Mitte, 200 Meter entfernt vom ehemaligen Checkpoint Charlie, an seinen Tod. Sie ist das Ergebnis eines langjährigen erinnerungskulturellen Engagements.von Christine Bader und Merle Kluge


Die bronzefarbene Gedenksäule für Peter Fechter. Davor ist ein Pflastersteinstreifen zu sehen, der den ehemaligen Verlauf der Berliner Mauer markiert und eine runde, in den Boden eingelassene Granitplatte.
„Peter Fechter 1944 – 1962 …er wollte nur die Freiheit“ – mit diesen Zeilen erinnert eine 2,60 Meter hohe Säule aus Stahl in der Zimmerstraße an den Tod des Ost-Berliners Peter Fechter. Auf der zum Gehweg gerichteten Seite der Säule steht ergänzend die Information: „Von 1961 bis 1990 verlief entlang dieser Straße die Berliner Mauer. Hier wurde am 17. August 1962 der junge Bauarbeiter Peter Fechter erschossen…“. Das Denkmal wurde am 13. August 1999 eingeweiht, 38 Jahre nach dem Mauerbau, 10 Jahre nach dem Mauerfall. Es ist ein Erinnerungsort, an dem sich Bürger:innen und Vertreter:innen der Politik jährlich versammeln und der Maueropfer gedenken.

Nahaufnahme der Inschrift auf der Vorderseite der Säule: Peter Fechter 1944 – 1962 …er wollte nur die Freiheit.
Am 17. August 1962 versuchten die beiden 18-jährigen Arbeitskollegen Peter Fechter und Helmut Kulbeik über die Mauer in Richtung West-Berlin zu fliehen. Dabei wurden sie von DDR-Grenzsoldaten beschossen. Während Kulbeik unverletzt die Mauer überwinden konnte, wurde Fechter von den Kugeln getroffen. 50 Minuten lang lag er schwer verletzt im Grenzstreifen am Fuße der Mauer, ohne dass die DDR-Grenzsoldaten Hilfe leisteten. Auf beiden Seiten der Mauer gab es Augenzeug:innen. Trotz ihrer lautstarken Aufforderung stiegen weder die West-Berliner Polizisten, noch die Posten der Westalliierten am nahegelegenen Checkpoint Charlie über die Mauer, um dem verblutenden Fechter zu helfen. Der Grund war die angespannte politische Lage: Die Panzerkonfrontation lag erst zehn Monate zurück und sie befürchteten, einen militärischen Konflikt auszulösen. Es liegt nahe, dass die Soldaten auf beiden Seiten der Mauer Angst hatten, beschossen zu werden. Zudem durften die DDR-Grenzsoldaten den Grenzstreifen nicht ohne den Befehl eines diensthabenden Offiziers betreten. Jedoch erreichte der zuständige DDR-Offizier den Tatort erst eine halbe Stunde, nachdem die Schüsse gefallen waren.

Die West-Berliner Öffentlichkeit beklagte die Unmenschlichkeit des DDR-Grenzregimes. Schon einige Stunden nach dem Tod von Peter Fechter kam es zu massiven und anhaltenden Protesten seitens der West-Berliner:innen. Einige von ihnen legten Blumen und Kränze für den Verstorbenen an der Mauer nieder. Dieter Beilig stellte ein Holzkreuz so nah wie möglich an der Mauer auf. Die Aufschrift „Wir klagen an“ zeigte zur Seite der DDR. Beilig war ein West-Berliner Aktivist gegen die Berliner Mauer, gründete später die Peter-Fechter-Memorial-Bewegung und wurde 1971 in Ost-Berlin verhaftet und erschossen. Der Erinnerungsort für Fechter veränderte sich im Laufe der Zeit. Das von Beilig aufgestellte Kreuz wurde durch ein anderes Holzkreuz ersetzt. Zivilgesellschaftliche Akteur:innen regten den Ausbau und die Instandhaltung des Mahnmals an, sodass es zu einem festen Gedenkort wurde. Politiker:innen aus dem In- und Ausland, Vertreter:innen von Initiativen und Tourist:innen besuchten das Holzkreuz.

Nahaufnahme des Textes auf der Rückseite der Säule: Von 1961 bis 1990 verlief entlang dieser Straße die Berliner Mauer. Hier wurde am 17. August 1962 der junge Bauarbeiter Peter Fechter erschossen…
Das Gelände, auf dem das Holzkreuz stand, ging 1996 in den Besitz des Axel Springer Verlags über. Bereits in den 1950er Jahren war der Hamburger Verleger Axel Springer ein entschiedener Gegner des SED-Regimes. So ließ er sein hoch über die Mauer hinausragendes, von der Ostseite aus gut sichtbares Verlagsgebäude bewusst nah an der Sektorengrenze errichten. Als Peter Fechter in unmittelbarer Nähe zu diesem starb, reagierte der Verlag mit einer intensiven Berichterstattung. 1998 schrieb der Springer-Verlag einen Wettbewerb zur Neugestaltung des Fechter-Gedenkortes aus. Der Entwurf des Berliner Bildhauers Karl Biedermann überzeugte das Entscheidungsgremium. Sein Konzept beinhaltete einen Gedenkbereich mit einer Stahlsäule und einer Granitplatte. Am 13. August 1999 wurde das Holzkreuz durch die von Biedermann gestaltete Säule ersetzt. Laut Gestaltungsentwurf des Künstlers steht die Form der Säule symbolisch für eine Verbindung zwischen Himmel und Erde; für ein „Sich-Behaupten“ und „Aufwärts-Streben.“ Die Granitplatte kennzeichnet genau die Stelle, an der Peter Fechter lag.

Biedermann hatte gehofft, dass die Gestaltung des Denkmals aus Säule und Platte auch zum Gedenken an weitere Opfer der Berliner Mauer an anderen Stellen in der Stadt übernommen werden könnte. Dies wurde nicht umgesetzt. Jedoch war das Denkmal Biedermanns weder das erste noch das einzige Erinnerungszeichen für ein Maueropfer. Insbesondere zivilgesellschaftliche Gruppen setzten sich bereits seit dem Tod der ersten Maueropfer für die Installation von Gedenkorten ein. Denkmäler für weitere Todesopfer sind zum Beispiel die weißen Kreuze am Friedrich-Ebert-Platz und das ‚Fenster des Gedenkens‘ auf dem Außengelände der Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße.

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