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Görtemaker, Manfred: Kleine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

(Auszug)

8. Das Ende der Ära Adenauer



Kleine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Am 25. Juli 1961 hatte Kennedy in einer Fernsehrede deshalb noch einmal die drei "essentials" der amerikanischen Berlin-Politik bekräftigt, die bereits im Herbst 1958 vom State Department als "unverrückbare Grundsätze" in Reaktion auf das Chruschtschow-Ultimatum formuliert worden waren:
  • Das Recht auf Anwesenheit in Berlin,
  • das Recht auf Zugang in Berlin,
  • die Verpflichtung, die Selbstbestimmung der West-Berliner und die freie Wahl ihrer Lebensform zu gewährleisten.
Kennedy war also unnachgiebig in der Verteidigung West-Berlins. Seine Garantien endeten jedoch an der Sektorengrenze. Den Mauerbau konnte er nicht verhindern, wohl aber den Krieg, der deswegen hätte ausbrechen können. Die Voraussetzung dafür war, dass beide Seiten die Grenzen der Einflusssphäre des jeweils anderen respektierten. Als die Maßnahmen des 13. August bekannt wurden, war der amerikanische Präsident nicht besorgt, sondern erleichtert. Während Brandt mutmaßte, die östlichen Sperrmaßnahmen bildeten nur den Auftakt zu weiteren, noch gefährlicheren Schritten, und prophezeite, dem Westen werde "das Risiko letzter Entschlossenheit nicht erspart bleiben", war für Kennedy die Krise mit dem Mauerbau beendet. Nüchtern bilanzierte er, Chruschtschow habe, obwohl auf schlimme Art, ein spezifisch deutsches Problem gelöst und den Westen von einer schweren Sorge befreit.

20. Der Weg zur Einheit



Die Wende vom Herbst 1989 traf Ost und West unvorbereitet. Obwohl es bei näherer Betrachtung zahlreiche Hinweise und Vorboten gegeben hatte, wurde man in Bonn und den westlichen Hauptstädten ebenso überrascht wie in Ost-Berlin und Moskau. Dementsprechend unsicher waren anfangs die Reaktionen: Während Großbritannien und Frankreich sich besorgt zeigten, dass eine deutsche Wiedervereinigung neue Risiken für die europäische Ordnung heraufbeschwören könnte, empfanden die USA Genugtuung, dass die Befreiung Osteuropas vom Kommunismus greifbar nahe schien. In der Bundesrepublik neigte man dagegen zur Zurückhaltung, um die ohnehin komplizierte Situation nicht durch unbedachte Schritte weiter zu verwirren. In der Sowjetunion bemühten sich Generalsekretär Michail Gorbatschow und Außenminister Eduard Schewardnadse in Kontakten mit den Regierungen in Washington, Bonn und Ost-Berlin, eine unkontrollierte Eskalation der Entwicklung – etwa eine spontane Wiedervereinigung durch die Bevölkerung beider Teile Deutschlands – zu verhindern und einen friedlichen Übergang in der DDR zu ermöglichen. Später behauptete Schewardnadse in einem Interview sogar, in den Stunden nach der Maueröffnung habe man sich am Rande eines Dritten Weltkrieges bewegt. Glücklicherweise habe er in der Auseinandersetzung mit den Befürwortern einer Militäraktion Rückendeckung von Gorbatschow erhalten, so dass ein militärischer Konflikt habe vermieden werden können.

Quelle: Kleine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2004.
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