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Auslösende Fluchtgründe von 2.810 Flüchtlingen im Juli 1961, 31. Juli 1961

Auslösende Fluchtgründe von 2.810 DDR-Flüchtlingen, erfasst im Notaufnahmeverfahren in der Bundesrepublik im Juli 1961

So komplex wie die Gründe, die das Ausmaß der Flüchtlingsbewegung im ganzen bestimmen, sind sie meist auch im Einzelfall. Nur wenige Flüchtlinge hatten sich niemals mit dem Gedanken an die Flucht beschäftigt, bis sie durch eine plötzliche Gefahr oder Provokation zum Aufbruch veranlaßt wurden. Zum mindesten bei der Mehrzahl derer, deren Zwangslage im Notaufnahmeverfahren anerkannt wurde, hat sich der Entschluß zur Flucht aus einem Geflecht von Erfahrungen und Überlegungen entwickelt, und der eigentlich auslösende Fluchtgrund kann u.U. von geringerem Gewicht sein als manches, was ihm vorausging; er hat aber das Maß der Drangsal voll gemacht. Trotzdem bietet eine Übersicht über die auslösenden Fluchtgründe in 2.810 Fällen, die im Notaufnahmeverfahren des Monats Juli 1961 aufgestellt wurde, ein aufschlußreiches Bild von der Vielfalt der Motive und ihrer ‚Streuung'.

a) Gewissensnotstände, Verkürzung von Grundrechten
Ablehnung der Ideologie:44
Ablehnung von Partei- und sonstigen Aufträgen aus ethischen Gründen:29
Zwang zum Kirchenaustritt:21
Ablehnung der Jugendweihe:36
Spitzelaufträge gegen Geistliche und Kirchenorgane:14
Bekenntnis zu den Zeugen Jehovas:27
Ablehnung des kommunistischen Erziehungssystems oder Nichtzulassung der Kinder zur Oberschule:48
Nichtzulassung zum Studium:41
Versagung der Reisegenehmigung oder der legalen Umsiedlung in die Bundesrepublik:68
b) Ablehnung von Aufträgen und Anforderungen der Partei, des Regimes, der Massenorganisationen usw.
Spitzelaufträge und Spitzelverpflichtungen:135
Parteiaufträge:84
Verpflichtungen zum Eintritt in die Nationale Volksarmee oder die Volkspolizei:59
Arbeitseinsatz von Jugendlichen:12
Aufforderung zu "gesellschaftspolitischer Betätigung":528
c) Politische Gründe sonstiger Art
Widerstand gegen das Regime:57
Verdacht oder Verfolgung von Beziehungen zum Westen:81
Verstöße gegen das Paßgesetz:140
Maßregelung wegen "gesellschaftspolitischer" Untätigkeit:22
Politische Häftlinge:44
Maßnahmen im Zuge der Reorganisation:14
Inanspruchnahme des Freizügigkeitsrechts (Grundsatzurteil des BVG zu § 11 GG):18
d) Wirtschaftliche Gründe
Maßnahmen zur Verstaatlichung der privaten Wirtschaft:59
Konflikte im Zusammenhang mit der Kollektivierung (LPG, PGH) oder der staatlichen Beteiligung:136
Lohn- und Arbeitsschwierigkeiten:47
Entlassung wegen Betriebseinschränkung:17
Normerhöhung:26
Einschränkung bisheriger Befugnisse:23
Planschwierigkeiten:22
Verstöße gegen Wirtschaftsgesetze:32
e) Familiäre und persönliche Gründe
Familienzusammenführung:343
Differenzen in der Ehe:53
Drohender Sorgerechtsentzug:14
Wunsch nach besseren Einkommens- und Wohnungsverhältnissen:205
Arbeitsaufnahme in der Bundesrepublik:19
Auswanderung:14
Ost-West-Pendler:3
Angst vor Bestrafung:63
f) Sonstige Gründe:162


Quelle: Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (Hg.), Die Flucht aus der Sowjetzone und die Sperrmaßnahmen des kommunistischen Regimes vom 13. August 1961 in Berlin, Bonn und Berlin 1961, S. 21/22
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