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Schreiben der westlichen Stadtkommandanten von Berlin an den sowjetischen Stadtkommandanten in Berlin, 15. August 1961

Schreiben der westlichen Stadtkommandanten von Berlin an den sowjetischen Stadtkommandanten in Berlin, 15. August 1961

Schreiben der westlichen Stadtkommandanten von Berlin, Generalmajor Albert Watson II, Brigadegeneral Jean Lacomme und Generalmajor Sir Rohan Delacombe, an den sowjetischen Stadtkommandanten in Berlin, Oberst Andrej I. Solowjew

Sehr geehrter Herr Oberst Solowjew!

In der Nacht vom 12. zum 13. August haben die ostdeutschen Behörden illegale Maßnahmen in Kraft gesetzt, die die Grenze zwischen den Westsektoren Berlins und dem sowjetischen Sektor in eine willkürliche Sperre gegen die Freizügigkeit der deutschen Bürger, die in Ostberlin und Ostdeutschland wohnen, verwandeln sollen.

Seit der Verhängung der Blockade gegen Berlin hat es keine derartig flagrante Verletzung der Viermächteabkommen über Berlin gegeben. Das Abkommen vom 20. Juli 1949, in dem sich die Sowjetunion verpflichtete, den freien Verkehr innerhalb Berlins sowie zwischen Berlin und dem übrigen Deutschland zu erleichtern, ist ebenfalls gebrochen worden.

Ungeachtet dieser Abkommen und der Wünsche der Bevölkerung dieser Stadt, für deren Wohlergehen die vier Mächte gemeinsam verantwortlich sind, ist die Freizügigkeit in Berlin drastisch beschränkt worden. Der Verkehr zwischen dem Ostsektor und den Westsektoren Berlins ist durch das Zerschneiden des S-Bahn- und U-Bahnnetzes, das Aufreißen von Straßen, die Errichtung von Straßensperren und die Anbringung von Stacheldrahthindernissen unterbrochen worden. Bei Ausführung dieser ungesetzlichen Handlungen haben militärische und halbmilitärische Verbände, die unter Verletzung von Viermächteabkommen aufgestellt wurden und deren Anwesenheit in Ostberlin illegal ist, den Sowjetsektor von Berlin in ein Heerlager verwandelt.

Die ostdeutschen Behörden haben zudem nunmehr auch vielen Bewohnern Ostberlins und Ostdeutschlands, die in Westberlin beschäftigt waren, die weitere Ausübung ihres Berufes in Westberlin untersagt. Sie haben somit der ihnen unterstehenden werktätigen Bevölkerung das Grundrecht der freien Wahl des Arbeitsplatzes entzogen.

Es ist offensichtlich, daß die ostdeutschen Behörden zu diesen Unterdrückungsmaßnahmen gegriffen haben, weil die unter ihrer Herrschaft lebenden Menschen, die über die letzten Drohungen der kommunistischen Führer aufs tiefste bestürzt waren, in großer Zahl nach dem Westen flohen.

Wir müssen gegen die illegalen Maßnahmen, die am 13. August getroffen wurden, protestieren, und machen Sie dafür verantwortlich, daß die die Stadt betreffenden Abkommen eingehalten werden.

Quelle: Bulletin des Presse - und Informationsamtes der Bundesregierung, Bonn, den 17. August 1961, Nr. 152, S. 1470
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