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Schreiben des Oberkommandierenden der Gruppe der sowjetischen Truppen in Deutschland, Marschall Konew, an den Minister für Nationale Verteidigung der DDR, Armeegeneral Hoffmann, 14. September 1961

Schreiben des Oberkommandierenden der Gruppe der sowjetischen Truppen in Deutschland an den Minister für Nationale Verteidigung der DDR, 14. September 1961

Abschrift
(Übersetzung)


Geheime Verschlußsache 2. Ausfertigung VS-Eing.-Nr. E - 65/61

Nr. 13/00638
14. September 1961

Der Oberkommandierende
der Gruppe der sowjetischen
Streitkräfte in Deutschland An den
Minister für Nationale Verteidigung
der Deutschen Demokratischen Republik
Gen. Armeegeneral Hoffmann

Werter Genosse Minister!

Zur Verstärkung der Bewachung der Grenze der Deutschen Demokratischen Republik und zur Errichtung eines strengen Grenzregimes im Grenzstreifen bitte ich Sie, bei der Lösung dieser Frage unsere Vorschläge und Wünsche zu berücksichtigen:

Es ist zweckmäßig, die Maßnahmen zur Aussiedlung aus dem Grenzstreifen nach der Verbesserung des pioniermäßigen und technischen Ausbaus der Grenze und der Verstärkung ihrer Bewachung durch ausreichende Kräfte und Mittel zu beginnen.

Die Grenzen des 500 m-Schutzstreifens und der 5 km-Schutzzone sollen nach Möglichkeit mit der Verwaltungsgrenze des Kreises, des Gemeinderates und mit der Grundstücksgrenze der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zusammenfallen.

Der pioniermäßige und technische Ausbau der Grenze ist in erster Linie in den hauptsächlichen Grenzverletzungsrichtungen zu beginnen. Zur Schaffung von Pioniersperren, die der Deutschen Grenzpolizei zur Verfügung stehen sollen, ist es angebracht, einen Geländestreifen von 30 m Breite zuzuweisen, der bis zu einem Kilometer von der Grenze entfernt ist.

In diesem Streifen sind Drahtsperren, Minenfelder, Signalvorrichtungen, Beobachtungstürme und ein Kontroll- und Patroullienstreifen anzulegen, der in der Regel entlang der Drahtsperre an ihrer rückwärtigen Seite verläuft.

Bei der Errichtung von pioniertechnischen Anlagen sind vorzusehen
  • Minenfelder, die nur so anzulegen sind, daß sie von beiden Seiten durch Drahtsperren gesichert sind;

  • beim kombinierten Legen von scharfen Minen und Scheinminen sind in wichtigen Richtungen die scharfen Minen in zwei Reihen und die Scheinminen in einer Reihe zu legen. In Nebenrichtungen sind die scharfen Minen in einer Reihe und die Scheinminen in zwei Reihen zu legen;

  • in Ortschaften und in der Nähe von Ortschaften ist es unzweckmäßig, Minen POMS-2 zu legen. An ihrer Stelle können an solchen Abschnitten Minen PMD-6 zusammen mit Modellen der Minen POMS-2 gelegt werden.(Anm. d. Hg.: "POMS-2“" waren Splitterminen, die eingegraben wurden, „PMD-6“ Holzkastenminen, die über der Erde verlegt wurden.)
Im 30 m-Streifen müssen Durchgänge für die ortsansässige Bevölkerung vorhanden sein. Das Passieren der Durchgänge erfolgt mit Genehmigung der Chefs der Grenzkompanien und nur zur Tageszeit. Beim Durchfahren des Streifens der pioniertechnischen Anlagen durch Ortsansässige ist in den Streifen der Deutschen Grenzpolizei das Recht auf Durchsuchung der Transportmittel zu gewähren.

Alle Schwimmittel, die sich auf Gewässern befinden, welche einen Ausgang zum Meer oder zu einem Grenzfluß haben, müssen in nichtaufgetanktem Zustand und ohne Ruder an Anlegestellen befestigt sein. Die Nummer der Anlegestelle und des Bootes ist mit großen Zahlen auf dem Bord aufzutragen.

Die Anlegestellen sind zu bewachen. Das Ausfahren der Schwimmittel in See und ihre Rückkehr zur Anlegestelle wird von den Streifen der Deutschen Grenzpolizei kontrolliert.
Der Verkauf von Fahrkarten an Eisenbahnstationen und Flußhäfen und Kraftverkehrsstationen nach Orten, die sich im Grenzstreifen befinden, hat nur hei Vorhandensein eines entsprechenden Passierscheines zu erfolgen.

Die örtlichen Organe sind zu verpflichten, die festgelegte Ordnung für die Einfahrt und den Aufenthalt im Grenzstreifen der gesamten Bevölkerung der Republik zur Kenntnis zu bringen und die Notwendigkeit der Einhaltung dieser Ordnung darzulegen.

Es sind Vorschläge zu prüfen und zu unterbreiten, die darauf gerichtet sind, Angehörige der Deutschen Grenzpolizei bei vorsätzlichem Übertritt in die Bundesrepublik schärfer zur Verantwortung zu ziehen, wobei derartige Übertritte nicht als Desertierung, sondern als Verrat der Deutschen Demokratischen Republik auszulegen sind. Bei einer positiven Lösung dieser Frage ist die Durchführung einer breiten Aufklärungsarbeit unter dem Personalbestand zu organisieren.

In den Dienstanweisungen ist die Ordnung für die Anwendung von Waffengewalt durch Angehörige der Deutschen Grenzpolizei an der Westgrenze dahingehend zu präzisieren, daß eine größere Klarheit und eine Erhöhung der Verantwortlichkeit der Grenzsoldaten sowohl für Untätigkeit bei vorliegender Notwendigkeit der Anwendung der Waffe als auch für eine Überschreitung der ihnen gewährten Rechte erreicht werden. Dabei ist es notwendig, die Ordnung für die Anwendung von Waffengewalt an der Westgrenze und der Grenze zu den sozialistischen Ländern sowie im Seeabschnitt und am Ring um Großberlin abzugrenzen.

Hochachtungsvoll
Marschall der Sowjetunion

gez.: I. Konew

Anlage:
Grundschema des pioniermäßigen und technischen Ausbaus auf zwei Blatt, nur für den Empfänger bestimmt.

Quelle: Bundesarchiv-Militärarchiv, Strausberg AZN 32595, BI. 66-68.
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