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Gesetz über die Staatsgrenze der DDR („Grenzgesetz"), 25. März 1982

Gesetz über die Staatsgrenze der DDR („Grenzgesetz"), 25. März 1982

GESETZBLATT
der Deutschen Demokratischen Republik



Berlin, den 29. März 1982

Gesetz über die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik (Grenzgesetz) vom 25. März 1982



Die strikte Achtung und Einhaltung der allgemein anerkannten Prinzipien des Völkerrechts, darunter die Achtung der Souveränität, der Unverletzlichkeit der Staatsgrenzen, der territorialen Integrität und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten, ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung gutnachbarlicher Beziehungen, der Sicherheit und Zusammenarbeit zwischen den Staaten und die entscheidende Grundlage einer stabilen Friedensordnung.

In Wahrnehmung ihrer souveränen Rechte gestaltet die Deutsche Demokratische Republik ihre Beziehungen in Grenzangelegenheiten mit den benachbarten Staaten in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und organisiert den Schutz der Staatsgrenze einschließlich des Luftraumes und der Territorialgewässer.

Zu diesem Zwecke beschließt die Volkskammer auf der Grundlage der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik das folgende Gesetz:


I. Abschnitt

Hoheitsgebiet und Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik



§ 1
Hoheitsgebiet

Das Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik umfaßt das Festlandgebiet einschließlich des Endinneren und der Binnengewässer (Flüsse, Kanäle, Seen, Staubecken), die inneren Seegewässer, die Territorialgewässer und den Grund und Untergrund dieser Gewässer sowie den Luftraum über dem gesamten Festlandgebiet und allen Gewässern.

§ 2
Staatsgrenze

(1) Die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik ist die Linie, die das Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik von den Hoheitsgebieten benachbarter bzw. gegenüberliegender Staaten und vom Offenen Meer abgrenzt.

(2) Die Staatsgrenze verläuft so, wie sie in völkerrechtlichen Verträgen und den dazu gehörenden Dokumentationen über den Verlauf und die Markierung der Staatsgrenze festgelegt und beschrieben ist oder wie sie in Übereinstimmung mit den Normen des Völkerrechts auf dem Offenen Meer einseitig festgelegt wurde.

(3) Die Staatsgrenze (Landgrenze) verläuft:
  1. grundsätzlich als gerade unbewegliche Linie von einem zum anderen Grenzpunkt, sofern sie nicht nach natürlichen Gegebenheiten festgelegt ist, - trockene Grenze -;
  2. auf schiffbaren Grenzwasserläufen als bewegliche Linie in der Mitte der Hauptfahrrinne (Talweg) und auf nichtschiffbaren Grenzwasserläufen als bewegliche Linie in der Mitte des Grenzwasserlaufes oder seines Hauptarmes (Mittellinie) - nasse Grenze- , sofern in völkerrechtlichen Verträgen nichts anderes festgelegt wird, und
  3. auf Seen und Staubecken (Talsperren, Rückhaltebecken und ähnliche Gewässer) entsprechend den Festlegungen der jeweiligen völkerrechtlichen Verträge.

(4) Auf schiffbaren Grenzwasserläufen ändert sich der Verlauf der Staatsgrenze mit den natürlichen Veränderungen der Hauptfahrrinne. Auf nichtschiffbaren Grenzwasserläufen ändert sich ihr Verlauf mit den allmählichen natürlichen Veränderungen der Lage des Grenzwasserlaufes. Plötzliche natürliche Veränderungen an Grenzwasserläufen, auf denen oder an deren Ufern die Staatsgrenze verläuft, haben keinen Einfluß auf den in den Grenzdokumentationen festgelegten Verlauf der Staatsgrenze.

(5) Die Staatsgrenze auf See (Seegrenze) ist die Linie, die die Territorialgewässer der Deutschen Demokratischen Republik vom Offenen Meer oder von den Territorialgewässern der benachbarten bzw. der gegenüberliegenden Staaten abgrenzt. Sie verläuft gegenüber dem Offenen Meer als eine Linie, die an jedem Punkt von dem nächstgelegenen Punkt der Grundlinie um die Breite der Territorialgewässer entfernt ist. Die Grundlinie wind durch die Küstenlinie oder durch eine in Übereinstimmung mit den Normen des Völkerrechts gebildete gerade Linie bestimmt. Die Küstenlinie ist die Berührungslinie zwischen Land und Meer bei mittlerem Wasserstand. Der Verlauf der Grundlinie und der Seegrenze ist bekanntzumachen oder in Seekarten einzutragen.

§ 3
Seegewässer

Die Seegewässer der Deutschen Demokratischen Republik bestehen aus den Territorialgewässern und den inneren Seegewässern einschließlich der Seewasserstraßen.

§ 4
Territorialgewässer

(1) Die Territorialgewässer der Deutschen Demokratischen Republik haben eine Breite von 3 Seemeilen.

(2) Die Reeden, die ganz oder teilweise außerhalb der äußeren Grenze der Territorialgewässer liegen, sind Bestandteil der Territorialgewässer. Sie sind bekanntzumachen oder in Seekarten einzutragen.

(3) Sofern die Territorialgewässer der Deutschen Demokratischen Republik an die Territorialgewässer benachbarter bzw. gegenüberliegender Staaten angrenzen, ist der Verlauf der Seegrenze in völkerrechtlichen Verträgen festzulegen. Bis zum Abschluß solcher Verträge bildet die Mittellinie die Seegrenze der Deutschen Demokratischen Republik.

(4) Der Ministerrat kann die Breite der Territorialgewässer in Übereinstimmung mit den Normen des Völkerrechts verändern und auf der Grundlage dieses Gesetzes weitere Regelungen über den Aufenthalt ausländischer Wasserfahrzeuge in den Seegewässern erlassen.

§ 5
Innere Seegewässer

Zu den inneren Seegewässern der Deutschen Demokratischen Republik gehören:
  1. die Gewässer der Buchten, deren Küsten vollständig zum Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik gehören, bis zu einer geraden Linie, die die natürlichen Küstenvorsprünge, die nicht mehr als 24 Seemeilen voneinander entfernt liegen, miteinander verbindet;
  2. die Sund und Boddengewässer sowie Haffs, soweit deren Küsten zum Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik gehören;
  3. die Gewässer der Häfen bis zu der Linie, die die am weitesten nach dem Meer hin gelegenen ständigen Hafeneinrichtungen miteinander verbindet;
  4. die ins Meer mündenden Flüsse, soweit sie nicht zu den Binnengewässern gehören.

§ 6
Grenzgewässer

Grenzgewässer im Sinne dieses Gesetzes sind: a) alle Abschnitte von Wasserläufen, auf denen oder an deren Ufern die Staatsgrenze verläuft (Grenzwasserläufe) oder die von der Staatsgrenze geschnitten werden, und b) alle Seen und Staubecken (Talsperren, Rückhaltebecken und ähnliche Gewässer), auf denen oder an deren Ufern die Staatsgrenze verläuft.

§ 7
Markierung und Kennzeichnung der Staatsgrenze

(1) Die Markierung der Grenzpunkte im Verlauf der Staatsgrenze erfolgt durch Grenzzeichen (bei Erfordernis auch durch Hilfsgrenzzeichen). Form, Abmessungen, Material, Beschriftung und Lage der Grenzzeichen sowie die Art und Weise, ihrer Instandhaltung sind in völkerrechtlichen Verträgen festgelegt.

(2) Grenzzeichen dürfen ohne Zustimmung der zuständigen Organe der Deutschen Demokratischen Republik und ohne Vereinbarung mit den zuständigen Organen der benachbarten Staaten nicht entfernt oder versetzt werden. Sie sind vor Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung ihrer Lage zu schützen.

(3) Der Verlauf der Staatsgrenze an Abschnitten, über die keine völkerrechtlichen Verträge abgeschlossen wunden, kann bei Erfordernis auf dem Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik entsprechend gekennzeichnet werden.

(4) Zusätzlich zu den mit den benachbarten Staaten vereinbarten Grenzzeichen können auf dem Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik weitere Kennzeichen gesetzt werden. Markante Punkte der Seegrenze können ebenfalls gekennzeichnet werden.

(5) Grundstücksgrenzzeichen dürfen nicht auf die Linie der Staatsgrenze eingebracht wenden. Die Begrenzungen der anliegenden Grundstücke können durch Richtungszeichen, die in angemessener Entfernung von der Staatsgrenze einzubringen sind, gekennzeichnet werden.

(6) Im Interesse der deutlichen Sichtbarkeit des Grenzverlaufes kann das Anlegen eines von hohem Pflanzenbewuchs freizuhaltenden Streifens entlang der Staatsgrenze mit den benachbarten Staaten vereinbart oder einseitig festgelegt werden.

§ 8
Grenzgebiete

(1) Entlang der Staatsgrenze und an der Küste bestehen Grenzgebiete.

(2) Innerhalb der Grenzgebiete können je nach den Erfordernissen und unter Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen Schutzstreifen, Sperrzonen bzw. Grenzzonen mit besonderen Ordnungen festgelegt und Grenzsicherungsanlagen errichtet werden.

(3) Die Errichtung von Sperrgebieten in den Grenzgebieten auf der Grundlage der Rechtsvorschriften bleibt von den Bestimmungen des Abs. 2 unberührt.


II. Abschnitt

Überschreiten der Staatsgrenze



§ 9
Allgemeine Bestimmungen

(1) Die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik darf grundsätzlich nur über die Grenzübergangsstellen oder an anderen in völkerrechtlichen Verträgen festgelegten Stellen und mit den erforderlichen Dokumenten passiert werden.

(2) Der grenzüberschreitende Eisenbahn-, See-, Binnenschiffs-, Luft-, Kraftfahrzeug- und Personenverkehr, der internationale Post und Fernmeldeverkehr, die Überleitung von gasförmigen und flüssigen Stoffen und Elektroenergie über die Staatsgrenze sowie der Bau, die Wartung und die Instandsetzung dazugehörender Anlagen und Einrichtungen an der Staatsgrenze erfolgt auf der Grundlage völkerrechtlicher Verträge und der Rechtsvorschriften.

(3) Der unberechtigte Austausch von Gegenständen sowie die unberechtigte Aufnahme anderer Verbindungen über die Staatsgrenze sind verboten.

§ 10
Grenzübergangsstellen

(1) Der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik entscheidet über die Eröffnung und Schließung von Grenzübergangsstellen und legt fest, für welchen Verkehr sie zugelassen sind.

(2) Der Minister für Nationale Verteidigung ist berechtigt, im Interesse der Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik die zeitweilige Schließung von Grenzübergangsstellen anzuordnen.

(3) An den Grenzübergangsstellen erfolgt durch die zuständigen Organe die Paß-, Zoll-, medizinisch-sanitäre, veterinärhygienische und phytosanitäre Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs.

(4) Auf der Grundlage völkerrechtlicher Verträge kann die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs mit den zuständigen Organen der benachbarten Staaten auf einem oder beiden Hoheitsgebieten gemeinsam oder einseitig durchgeführt werden.

§ 11
Transitverkehr

Der Transitverkehr durch das Hoheitsgebiet über die dafür festgelegten Grenzübergangsstellen wird auf der Grundlage der Rechtsvorschriften sowie völkerrechtlicher Verträge gestattet.

§ 12
Verkehr über die Seegrenze

(1) Der gesamte Verkehr über die Seegrenze erfolgt über die in den Häfen eingerichteten Grenzübergangsstellen bzw. die festen oder schwimmenden Kontrollpunkte, soweit in völkerrechtlichen Verträgen nichts anderes vereinbart ist.

(2) Das Ein- bzw. Auslaufen in die oder aus den Häfen und Reeden hat nur auf den Ansteuerungen und auf den festgelegten Schiffahrtswegen zu erfolgen, die bekanntzumachen sind.

(3) Der Minister für Nationale Verteidigung kann im Interesse der Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik oder der Sicherheit des Seeverkehrs bei militärischen Übungen für das Befahren der Seegewässer zeitweilig Beschränkungen festlegen.

§ 13
Aufenthalt ausländischer Wasserfahrzeuge

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 14 und 15 ist das Stoppen, das Ankern oder ein anderweitiger Aufenthalt in den Territorialgewässern durch ausländische Wasserfahrzeuge nur gestattet, wenn dies im Rahmen des normalen Seeverkehrs üblich ist.

(2) Ausländischen Wasserfahrzeugen wird der Notaufenthalt in den Seegewässern gewährt:
  1. zum Schutz von Besatzungen, Ladungen und Fahrzeugen bei Elementarereignissen,
  2. zur Ausführung der für die Sicherheit von Besatzungen und Fahrzeugen unerläßlichen Reparaturen,
  3. zur Inanspruchnahme dringender medizinischer Hilfe oder
  4. aus Gründen der Seenot oder eines Seeunfalles.

(3) Ausländische Wasserfahrzeuge haben beim Notaufenthalt die dafür festgelegten Seegebiete oder die für die zivile Schiffahrt freigegebenen Häfen anzulaufen und die Rechtsvorschriften einzuhalten.

(4) Das Einlaufen in die Seegewässer durch ausländische Wasserfahrzeuge zum Zwecke der Hilfeleistung aus Seenot bedarf der Erlaubnis der zuständigen Organe, soweit in völkerrechtlichen Verträgen nichts anderes vereinbart ist.

§ 14
Friedliche Durchfahrt

(1) Die friedliche Durchfahrt durch die Territorialgewässer wird ausländischen Wasserfahrzeugen gewährt, wenn die Durchfahrt nicht den Frieden, die Sicherheit und Ordnung gefährdet sowie die Rechtsvorschriften und die entsprechenden völkerrechtlichen Verträge eingehalten werden.

(2) Durchfahrt bedeutet die Durchquerung der Territorialgewässer auf den international üblichen Schiffahrtswegen oder Verkehrstrennungsgebieten ohne Berührung der inneren Seegewässer oder das Ein bzw. Auslaufen in die oder aus den inneren Seegewässern von oder nach dem Offenen Meer. Die Durchfahrt hat ununterbrochen und auf dem kürzesten Wege zu erfolgen.

(3) Ausländische Fischereifahrzeuge haben bei der Durchfahrt durch die Territorialgewässer das Fanggeschirr unter Deck zu halten.

§ 15
Aufenthalt ausländischer Kriegsschiffe

(1) Der Aufenthalt und die Durchfahrt (nachfolgend Aufenthalt genannt) ausländischer Kriegsschiffe in den Seegewässern ist nur auf der Grundlage völkerrechtlicher Verträge oder einer Erlaubnis gestattet.

(2) Die Beantragung der Erlaubnis hat auf diplomatischem Wege beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Deutschen Demokratischen Republik zu erfolgen.

(3) Kriegsschiffe, auf denen sich das Staatsoberhaupt oder der Regierungschef eines anderen Staates befindet, sowie die begleitenden Kriegsschiffe sind von den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 ausgenommen. Diese Kriegsschiffe sind 10 Tage vor dem beabsichtigten Aufenthalt beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten anzumelden.

(4) Kriegsschiffe, die sich in Seenot befinden oder auf Grund eines Seeunfalles gezwungen sind, in die Seegewässer einzulaufen, haben entsprechende internationale Signale abzugeben und die Anweisungen der zuständigen Organe zu befolgen.

(5) In den Seegewässern dürfen sich gleichzeitig nicht mehr als drei Kriegsschiffe eines anderen Staates und nicht länger als 7 Tage aufhalten, sofern nichts anderes vereinbart wurde.

(6) Unterwasserfahrzeugen ist der Aufenthalt in den Seegewässern nur in aufgetauchtem Zustand gestattet.

(7) Die Bestimmungen gelten für andere ausländische Staatsschiffe, die zu nichtkommerziellen Zwecken genutzt werden, entsprechend.

§ 16
Überflug der Staatsgrenze

(1) Der Überflug der Staatsgrenze durch Luftfahrzeuge ist nur in den festgelegten Luftstraßen, und Flughöhen auf der Grundlage völkerrechtlicher Verträge oder der Erlaubnis der zuständigen Organe und unter Beachtung der Rechtsvorschriften und der Weisungen des Flugsicherungsdienstes erlaubt.

(2) Für Flüge von besonderem staatlichen Interesse und für Sportflüge können im Rahmen völkerrechtlicher Verträge andere Festlegungen hinsichtlich des Überfluges der Staatsgrenze getroffen werden.

(3) Der Einflug in das Hoheitsgebiet oder der Überflug des Hoheitsgebietes aus Gründen der Luftnot oder zur Rettung aus Seenot bedarf der Erlaubnis des zuständigen Flugsicherungsdienstes.

(4) Der Minister für Nationale Verteidigung kann im Interesse der Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik für die Benutzung des Luftraumes zeitweilig Beschränkungen festlegen.

(5) Der Einflug in das Hoheitsgebiet oder der Überflug des Hoheitsgebietes durch Staatsluftfahrzeuge und durch zivile Luftfahrzeuge mit militärisch bedeutsamer Fracht anderer Staaten ist nur auf der Grundlage völkerrechtlicher Verträge oder einer Erlaubnis gestattet. Die Beantragung der Erlaubnis hat auf diplomatischem Wege beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Deutschen Demokratischen Republik zu erfolgen.

§ 17
Grenzverletzungen

Grenzverletzungen im Sinne dieses Gesetzes sind alle Handlungen, die gegen die Unverletzlichkeit der Staatsgrenze oder die territoriale Integrität der Deutschen Demokratischen Republik gerichtet sind, sowie Handlungen, die das Hoheitsgebiet oder den Verlauf der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik beeinträchtigen. Dazu gehören:
  1. das Schießen oder Werfen von Gegenständen über die Staatsgrenze,
  2. das widerrechtliche Passieren der Staatsgrenze,
  3. das widerrechtliche Eindringen in die See- oder Grenzgewässer oder das widerrechtliche Verlassen der See- oder Grenzgewässer,
  4. die Verletzung der Bestimmungen über das Ein- oder Auslaufen, den Aufenthalt oder das Durchfahren der See oder Grenzgewässer,
  5. das Vortäuschen eines Notfalles durch Wasser- oder Luftfahrzeuge zum Zwecke des Aufenthaltes im Hoheitsgebiet,
  6. der widerrechtliche Ein- oder Ausflug über die Staatsgrenze sowie die Nichteinhaltung der zugewiesenen Flugstrecken und -höhen oder der Weisungen des Flugsicherungsdienstes,
  7. die Beschädigung oder Zerstörung der zur Sicherung der Staatsgrenze errichteten Anlagen,
  8. die widerrechtliche Entfernung oder Verlegung oder die Beschädigung oder Zerstörung der Grenzmarkierung oder anderer Kennzeichen der Staatsgrenze oder
  9. die Durchführung land-, forst-, wasserwirtschaftlicher oder anderer Arbeiten oder Maßnahmen entgegen den entsprechenden völkerrechtlichen Verträgen.


III. Abschnitt

Verantwortung für den Schutz der Staatsgrenze



§ 18
Pflichten der staatlichen Organe

(1) Die Schutz und Sicherheitsorgane und die anderen zuständigen staatlichen Organe, haben in enger Zusammenarbeit die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Grenzgebieten und den Seegewässern, des grenzüberschreitenden Verkehrs und zur Durchsetzung der Rechtsvorschriften zu treffen.

(2) Die Grenztruppen der Deutschen Demokratischen Republik (nachfolgend Grenztruppen der DDR genannt) haben alle erforderlichen Maßnahmen zum zuverlässigen Schutz der Staatsgrenze zu treffen und im engen Zusammenwirken mit den anderen Schutz und Sicherheitsorganen die territoriale Integrität der Deutschen Demokratischen Republik und die Unverletzlichkeit ihrer Staatsgrenze einschließlich ihres Luftraumes und der Territorialgewässer zu gewährleisten.

(3) Die Abgrenzung der Verantwortung der Schutz und Sicherheitsorgane beim Schutz der Staatsgrenze legt der Nationale Verteidigungsrat der Deutschen Demokratischen Republik fest.

§ 19
Informationspflicht

Die Kommandeure der Grenztruppen der DDR informieren die zuständigen örtlichen Volksvertretungen und deren Organe, unterbreiten ihnen Vorschläge und erteilen auf Verlangen Auskünfte über Probleme, die die Verantwortung der örtlichen Volksvertretungen und deren Organe zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung im Grenzgebiet betreffen.

§ 20
Mitarbeit der Bevölkerung

(1) Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik haben das Recht und die Pflicht, die Schutz- und Sicherheitsorgane sowie die anderen staatlichen Organe bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zum Schutz der Staatsgrenze und bei der Durchsetzung der für die Grenzgebiete festgelegten Ordnung zu unterstützen. Bürger, die bei der Unterstützung der Schutz- und Sicherheitsorgane Schaden erleiden, erhalten Entschädigung für eingetretene Nachteile nach den Rechtsvorschriften.

(2) Bürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und bereit sind, die Grenztruppen der DDR bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, können auf Vorschlag gesellschaftlicher Organisationen oder Vereinigungen oder auf Grund einer persönlichen Bewerbung als freiwillige Helfer der Grenztruppen der DDR bestätigt und verpflichtet werden. Sie erhalten zu ihrer Legitimation einen Ausweis. Die Entpflichtung kann auf Antrag oder durch Zurücknahme der Bestätigung durch die Grenztruppen der DDR erfolgen.


IV. Abschnitt

Befugnisse der Grenztruppen der DDR



§ 21
Recht zum Betreten

Die Angehörigen der Grenztruppen der DDR haben das Recht, zur Beseitigung eines im erheblichen Maße die Sicherheit und Ordnung im Grenzgebiet und in den Seegewässern gefährdenden oder störenden Zustandes Grundstücke, Wohnungen, andere Räume oder Fahrzeuge zu betreten.

§ 22
Beseitigung von Gefährdungen oder Störungen

Wird die Sicherheit und Ordnung im Grenzgebiet durch eine Sache oder einen Zustand gefährdet oder gestört, haben die Angehörigen der Grenztruppen der DDR das Recht, vom Rechtsträger, Eigentümer oder sonstigen Nutzer der Sache oder vom Verursacher des Zustandes die Beseitigung der Gefährdung oder Störung in angemessener Frist zu verlangen oder im Falle unmittelbar drohender Gefahr selbst vorzunehmen.

§ 23
Personalienfeststellung und Klärung eines Sachverhaltes

(1) Die Angehörigen der Grenztruppen der DDR sind berechtigt, Personalien festzustellen oder aufzunehmen, wenn es zur Erfüllung ihrer Aufgaben zum Schutz der Staatsgrenze und zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung im Grenzgebiet unbedingt erforderlich. ist.

(2) Können sich Personen nicht mit den für das Grenzgebiet erforderlichen Dokumenten ausweisen, ist eine Zuführung zulässig. Sie ist auch zulässig, wenn es zur Klärung eines die Sicherheit und Ordnung im Grenzgebiet erheblich gefährdenden Sachverhaltes unumgänglich ist, insbesondere, wenn der begründete Verdacht einer Grenzverletzung gegeben ist.

(3) Die freiwilligen Helfer der Grenztruppen der DDR haben das Recht, selbständig Personalien festzustellen oder aufzunehmen, wenn der begründete Verdacht einer Grenzverletzung oder der Verletzung der Ordnung im Grenzgebiet gegeben ist. Sie dürfen Personen der nächsten Dienststelle der Grenztruppen der DDR zuführen oder einem Angehörigen der Grenztruppen der DDR einer Dienststelle oder einem Angehörigen der Deutschen Volkspolizei übergeben, wenn eine Grenzverletzung festgestellt oder begründet vermutet wird oder Personen sich nicht ausweisen können.

§ 24
Durchsuchung und Verwahrung

(1) Personen, die dringend verdächtig sind, Sachen bei sich zu führen, durch deren Benutzung die Sicherheit und Ordnung im Grenzgebiet gefährdet oder gestört wird, oder die einer Einziehung unterliegen, dürfen einschließlich der von ihnen mitgeführten Gegenstände zum Zwecke der Verwahrung oder Einziehung dieser Sachen von den Angehörigen der Grenztruppen der DDR durchsucht werden.

(2) Werden Sachen gemäß Abs. 1 festgestellt, sind diese in Verwahrung zu nehmen und den zuständigen staatlichen Organen zu übergeben.

§ 25
Gewahrsam

(1) Wird die Sicherheit und Ordnung im Grenzgebiet durch Personen erheblich gefährdet oder gestört, insbesondere wenn der begründete Verdacht einer Grenzverletzung besteht, dürfen diese Personen von den Angehörigen der Grenztruppen der DDR in Gewahrsam genommen werden, sofern nicht auf andere Weise die Gefahr oder Störung beseitigt werden kann.

(2) Der Gewahrsam ist unverzüglich aufzuheben, wenn der Grund dafür weggefallen ist. Er darf die Dauer von 24 Stunden nicht überschreiten.

§ 26
Durchsetzung von Maßnahmen der Grenztruppen der DDR

(1) Wird den Angehörigen der Grenztruppen der DDR bei der Ausübung ihrer Befugnisse Widerstand entgegengesetzt oder werden die von ihnen auf der Grundlage dieses Gesetzes oder der zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften angeordneten Maßnahmen behindert oder nicht befolgt, ist die körperliche Einwirkung zulässig, wenn andere Mittel nicht ausreichen, um ernste Auswirkungen für die Sicherheit und Ordnung im Grenzgebiet zu verhindern.

(2) Die Anwendung von Hilfsmitteln ist nur gestattet zur Abwehr von Gewalttätigkeiten, Verhinderung von Fluchtversuchen oder wenn die körperliche Einwirkung nicht zum Erfolg führt. Es sind dabei diejenigen Mittel anzuwenden, die im Verhältnis zur Art und Schwere der Rechtsverletzung und des Widerstandes stehen. Die körperliche Einwirkung und die Anwendung von Hilfsmitteln ist nur so lange zulässig, bis der Zweck der Maßnahme erreicht ist.

§ 27
Anwendung von Schußwaffen

(1) Die Anwendung der Schußwaffe ist die äußerste Maßnahme der Gewaltanwendung gegenüber Personen. Die Schußwaffe darf nur in solchen Fällen angewendet werden, wenn die körperliche Einwirkung ohne oder mit Hilfsmitteln erfolglos blieb oder offensichtlich keinen Erfolg verspricht. Die Anwendung von Schußwaffen gegen Personen ist erst dann zulässig, wenn durch Waffenwirkung gegen Sachen oder Tiere der Zweck nicht erreicht wird.

(2) Die Anwendung der Schußwaffe ist gerechtfertigt, um die unmittelbar bevorstehende Ausführung oder die Fortsetzung einer Straftat zu verhindern, die sich den Umständen nach als ein Verbrechen darstellt. Sie ist auch gerechtfertigt zur Ergreifung von Personen, die eines Verbrechens dringend verdächtig sind.

(3) Die Anwendung der Schußwaffe ist grundsätzlich durch Zuruf oder Abgabe eines Warnschusses anzukündigen, sofern nicht eine unmittelbar bevorstehende Gefahr nur durch die gezielte Anwendung der Schußwaffe verhindert oder beseitigt werden kann.

(4) Die Schußwaffe ist nicht anzuwenden, wenn
  1. das Leben oder die Gesundheit Unbeteiligter gefährdet werden können,
  2. die Personen dem äußeren Eindruck nach im Kindesalter sind oder
  3. das Hoheitsgebiet eines benachbarten Staates beschossen würde.
  4. Gegen Jugendliche und weibliche Personen sind nach Möglichkeit Schußwaffen nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Schußwaffe ist das Leben von Personen nach Möglichkeit zu schonen. Verletzten ist unter Beachtung der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen Erste Hilfe zu erweisen.

§ 28
Maßnahmen bei Luftraumverletzungen

(1) Luftraumverletzungen sind Handlungen gemäß § 17 Buchstaben e oder f.

(2) Die Sicherheit von Verletzern des Luftraumes ist nicht gewährleistet. Verletzer des Luftraumes können mit Hilfe entsprechender Signale oder Zeichen zur Landung aufgefordert werden. Bei Nichtbefolgung der Signale oder Zeichen kann im äußersten Falle die Anwendung bewaffneter Gewalt erfolgen.

§ 29
Kontrollrechte gegenüber Wasserfahrzeugen

Die Grenztruppen der DDR haben das Recht, in den Seegewässern
  1. jedes Wasserfahrzeug aufzufordern, die National- bzw. Staatsflagge zu zeigen,
  2. die Begründung für das Einlaufen in die Seegewässer zu fordern,
  3. Kurs und Geschwindigkeitsanweisungen zu erteilen,
  4. jedes Wasserfahrzeug anzuhalten und Einsicht in die Personaldokumente, Fahrzeugpapiere, Tagebücher und andere die Schiffsführung betreffende Unterlagen zu nehmen, die Ladungspapiere zu prüfen, alle an Bord befindlichen Personen sowie die Ladung zu kontrollieren und die Fahrzeugräume zu durchsuchen oder
  5. Personen an Bord von Wasserfahrzeugen festzunehmen, die einer Straftat verdächtig sind, die der räumlichen und persönlichen Geltung der Strafgesetze der Deutschen Demokratischen Republik unterliegt, oder wenn der Kapitän eines ausländischen Wasserfahrzeuges Beistand erbittet.

§ 30
Einbringen von Wasserfahrzeugen

Die Grenztruppen der DDR haben das Recht, in den Seegewässern jedes Wasserfahrzeug anzuhalten und in einen bestimmten Hafen einzubringen, wenn das Wasserfahrzeug
  1. den gemäß § 29 Buchstaben a bis c ergangenen Anweisungen nicht Folge leistet oder sich den Maßnahmen gemäß § 29 Buchstaben d und e widersetzt,
  2. außerhalb der dazu bestimmten Plätze be- oder entladen wird,
  3. entgegen den Rechtsvorschriften Personen an Bord nimmt oder von Bord gibt,
  4. zu rechtswidrigen Zwecken Verbindung mit dem Festlandgebiet oder anderen Wasserfahrzeugen aufnimmt,
  5. entgegen den Rechtsvorschriften Fischfang betreibt, auf andere Weise das Meer ausbeutet oder unerlaubt Forschungsarbeiten oder Vermessungen durchführt,
  6. die Zoll- oder Devisenbestimmungen verletzt,
  7. in gesperrte Teile der Seegewässer einläuft,
  8. ohne Erlaubnis der Grenz-, Paß- bzw. Zollorgane die inneren Seegewässer verläßt, ohne Verkehrserlaubnis aus einem Hafen ausläuft oder der Aufforderung zum Stoppen nicht nachkommt oder
  9. gegen die Regeln der friedlichen Durchfahrt verstößt

§ 31
Recht der Nacheile

(1) Ausländische Wasserfahrzeuge, die gegen die Rechtsvorschriften verstoßen haben bzw. eines solchen Verstoßes dringend verdächtig sind, können verfolgt, angehalten und eingebracht werden. Die Verfolgung kann auch über die Territorialgewässer hinaus fortgesetzt werden, wenn sie in den Seegewässern begonnen und ununterbrochen durchgeführt wurde. Die Verfolgung endet, wenn das ausländische Wasserfahrzeug die Territorialgewässer seines eigenen oder eines dritten Staates erreicht hat. Die Verfolgung kann auch aufgenommen werden, wenn das Wasserfahrzeug sich in der Fischereizone oder im Bereich des Festlandsockels der Deutschen Demokratischen Republik befindet, sofern dieses Wasserfahrzeug die souveränen Rechte der Deutschen Demokratischen Republik in der Fischereizone oder über ihren Festlandsockel verletzt hat.

(2) Bei der Verfolgung von Wasserfahrzeugen über die Territorialgewässer hinaus können die in den §§ 27, 29 und 30 aufgeführten Befugnisse wahrgenommen werden.

§ 32
Protokollpflicht

Über die in den §§ 29 Buchstaben d und e, 30 und 31 aufgeführten Maßnahmen ist in jedem Falle ein von beiden Seiten unterschriebenes Protokoll in deutscher Sprache in zwei Exemplaren anzufertigen. Der Kapitän des ausländischen Wasserfahrzeuges kann in das Protokoll seine Vorbehalte einfügen oder diese in einem gesonderten Zusatz in beliebiger Sprache niederschreiben.

§ 33
Ausnahmeregeln

Von den Bestimmungen der §§ 29 bis 32 sind ausländische Kriegsschiffe, ihnen gleichgestellte Wasserfahrzeuge und Fahrzeuge, auf denen sich ein ausländisches Staatsoberhaupt oder der Regierungschef eines anderen Staates befinden, ausgenommen.

§ 34
Verfolgung auf das Hoheitsgebiet benachbarter Staaten

Die Angehörigen der Grenztruppen der DDR haben das Recht, Personen, die die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik zur Volksrepublik Polen oder zur Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik widerrechtlich passieren, unter Berücksichtigung der in völkerrechtlichen Verträgen festgelegten Bedingungen auf das Hoheitsgebiet dieser Staaten zu verfolgen. Die Angehörigen der Grenzschutzorgane der Volksrepublik Polen und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik sind berechtigt, unter gleichen Bedingungen Personen auf das Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik zu verfolgen.

§ 35
Befugnisse anderer Schutz und Sicherheitsorgane

Andere Schutz- und Sicherheitsorgane der Deutschen Demokratischen Republik können bei der Erfüllung von Aufgaben zum Schutz der Staatsgrenze die in den §§ 27 bis 31 aufgeführten Befugnisse wahrnehmen. Die ihnen in anderen Rechtsvorschriften übertragenen Befugnisse werden von den Bestimmungen dieses Abschnittes nicht berührt.


V. Abschnitt

Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten in Grenzangelegenheiten



§ 36
Grenzbevollmächtigte

(1) Zur Gewährleistung der Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe in Grenzangelegenheiten an der Staatsgrenze mit den benachbarten Staaten können Grenzbevollmächtigte verschiedener Stufen eingesetzt werden.

(2) Der Hauptgrenzbevollmächtigte der Deutschen Demokratischen Republik ist staatlicher Bevollmächtigter in Grenzangelegenheiten und für die Erfüllung der in völkerrechtlichen Verträgen enthaltenen Verpflichtungen über die Zusammenarbeit in Grenzangelegenheiten verantwortlich. Er wird vom Vorsitzenden des Ministerrates ernannt und ist dem Minister für Nationale Verteidigung unterstellt.

(3) Zur gemeinsamen periodischen Überprüfung der Grenzzeichen und des Verlaufes der Staatsgrenze kann durch den Hauptgrenzbevollmächtigten der Einsatz von Kommissionen mit den benachbarten Staaten vereinbart werden.

(4) Einzelheiten über die Rechte und Pflichten der Grenzbevollmächtigten sind in völkerrechtlichen Verträgen festzulegen.

§ 37
Grenzkommissionen

Sofern mit den benachbarten Staaten kein Einsatz von Grenzbevollmächtigten vereinbart wird, können zur Zusammenarbeit in Grenzangelegenheiten Grenzkommissionen eingesetzt werden. Einzelheiten über die Aufgaben der Grenzkommissionen sind in völkerrechtlichen Verträgen festzulegen.

§ 38
Erhaltung des Verlaufes der Staatsgrenze

(1) Veränderungen des Verlaufes der Staatsgrenze sind grundsätzlich nicht zulässig.

(2) Die Grenzgewässer und deren Ufer sowie die Anlagen und Einrichtungen an diesen Gewässern sind von den zuständigen Organen so instandzuhalten, daß die Erhaltung des Verlaufes und des Charakters der Staatsgrenze ständig gewährleistet ist.

(3) Werden an Grenzwasserläufen plötzliche natürliche Veränderungen der Lage festgestellt, prüfen die zuständigen Organe gemeinsam mit den zuständigen Organen des Nachbarstaates, ob die Wiederherstellung des ursprünglichen Verlaufes entsprechend der Grenzdokumentation möglich ist. Ist die Wiederherstellung des ursprünglichen Verlaufes technisch unzweckmäßig oder mit unvertretbar hohen Kosten verbunden, sind Vorschläge zu unterbreiten, ob der ursprüngliche Verlauf der Staatsgrenze beibehalten wird oder ob die Staatsgrenze in das neue Gewässerbett verlegt wird. Bei wasserwirtschaftlichen Regulierungsmaßnahmen, die eine Veränderung des Verlaufes der Staatsgrenze zur Folge haben, ist gleichermaßen zu verfahren. Die Vorschläge über Veränderungen des Verlaufes der Staatsgrenze bedürfen der Bestätigung durch den Ministerrat.

(4) Veränderungen des Verlaufes der Staatsgrenze können nur auf der Grundlage völkerrechtlicher Verträge erfolgen. Sie sind so durchzuführen, daß der Gebietsausgleich gesichert ist und daraus grundsätzlich keine zwischenstaatlichen Ansprüche entstehen.

(5) Zur Durchführung von Maßnahmen im Zusammenhang mit der Erhaltung des Verlaufes der Staatsgrenze können Grundstücke und Gebäude in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme sowie deren Finanzierung oder Entschädigung erfolgen nach den Rechtsvorschriften.

(6) Grenzdokumente über Veränderungen des Verlaufes der Staatsgrenze gemäß § 2 Abs. 4 sowie über Veränderungen des Charakters der Staatsgrenze (trockene in nasse Staatsgrenze bzw. umgekehrt) bedürfen der Bestätigung durch den Vorsitzenden des Ministerrates.


VI. Abschnitt

Schlußbestimmungen



§ 39
Anwendungsregel

Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind an der Staatsgrenze zu Berlin (West) entsprechend anzuwenden. Bestehende Rechte und Zuständigkeiten in Berlin (West) werden davon nicht berührt.

§ 40
Folgebestimmungen

Der Nationale Verteidigungsrat, der Ministerrat oder die Leiter der zuständigen zentralen Staatsorgane erlassen die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen.

§ 41
Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Mai 1982 in Kraft.

(2) Gleichzeitig treten außer Kraft:
  1. die Ziff. 39 der Anlage zum Anpassungsgesetz vom 11. Juni 1968 (GBl. I Nr. 11 S. 242) in der Fassung des Gesetzes vom 19. Dezember 1974 zur Änderung des Strafgesetzbuches, des Anpassungsgesetzes und des Gesetzes zur Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten (GBl. I Nr. 64 S. 591),
  2. die Verordnung vom 19. März 1964 zum Schutze der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. II Nr. 34 S. 255), die Ziff. 52 der Anlage 1 der Anpassungsverordnung vom 13. Juni 1968 (GBl. II Nr. 62 S. 363) und die Ziff. 2 der Anlage zur Verordnung vom 11. September 1975 zur Änderung von Ordnungsstrafbestimmungen (GBl. I Nr. 38 S. 654),
  3. der Beschluß vom 1. Dezember 1966 über die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Fertigstellung und Inbetriebnahme der Autobahngrenzbrücke bei Hirschberg - Auszug - (GBl. II 1967 Nr. 12 S. 75),
  4. die Verordnung vom 2. Juni 1972 über den Notaufenthalt von Fahrzeugen in den Gewässern der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. II Nr. 37 S. 419),
  5. die Anordnung vom 11. August 1965 über den Aufenthalt ausländischer Kriegsschiffe in den Gewässern der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. II Nr. 86 S.638),
  6. die Anordnung vom 15. Juni 1972 über die Ordnung in den Grenzgebieten und den Territorialgewässern der Deutschen Demokratischen Republik - Grenzordnung - (GBl. II Nr. 43 S.483; Ber. GBl. I 1974 Nr. 39 S.368), die Anordnung Nr. 2 zur Grenzordnung vom 24. Juli 1974 (GBl. I Nr. 39 S. 367) und die Anordnung Nr. 3 zur Grenzordnung vom 10. Januar 1979 (GBl. I Nr. 4 S. 47),
  7. die §§ 2 Abs. 2 und 5 sowie die Anlage 3 der Anordnung vom 12. Dezember 1973 über den Luftverkehr – Luftverkehrsordnung (LVO) - (Sonderdruck Nr. 769 des Gesetzblattes) und
  8. die Anordnung vom 7. Februar 1977 über den Ein- oder Überflug von Staatsluftfahrzeugen und zivilen Luftfahrzeugen mit militärisch bedeutsamer Fracht anderer Staaten in das oder im Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. I Nr. 4 S.21).

Das vorstehende, von der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik am fünfundzwanzigsten März neunzehnhundertzweiundachtzig beschlossene Gesetz wird hiermit verkündet.

Berlin, den fünfundzwanzigsten März neunzehnhundertzweiundachtzig.

Der Vorsitzende des Staatsrates
der Deutschen Demokratischen Republik


E. Honecker

Quelle: Gesetzblatt der DDR, 1982 I, S. 197-202.
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