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Rede von Stasi-Minister Erich Mielke in der DDR-Volkskammer, 13. November 1989

Rede von Stasi-Minister Erich Mielke in der DDR-Volkskammer, 13. November 1989

Minister Mielke (Min. f. Staatssicherheit):

Werte Abgeordnete! Zunächst möchte ich einmal klarstellen, was unsere Mitarbeiter im Ministerium für Staatssicherheit gegenüber den Werktätigen, gegenüber unserem Volk für Verpflichtungen haben. Wir sind Söhne und Töchter der Arbeiterklasse, der Werktätigen und kommen aus allen Schichten — einfache und gebildete und wissenschaftliche Mitarbeiter. Wir vertreten die Interessen der Werktätigen. Das ist unser oberster Auftrag der Volkskammer, und dem sind wir immer — und haben uns auch immer bemüht — gerecht geworden. Das war nicht immer leicht und wurde unter schwierigen Bedingungen durchgeführt

Wir haben, Genossen, liebe Abgeordnete, einen außerordentlich hohen Kontakt zu allen werktätigen Menschen.

(Heiterkeit)

Ja, wir haben den Kontakt. Ihr werdet gleich hören, warum. Ich fürchte mich nicht, ohne Rededisposition hier Antwort zu stehen. Auch eine Demokratie. Ich habe kein Referat vorher fertig gemacht.

Wir haben erst einmal den Auftrag gehabt, als Allerwichtigstes, alles aufzudecken, was sich gegen den Frieden richtete. Und wir haben hervorragende Informationen geliefert, die die Entwicklung soweit brachten, wie wir sie heute haben, Genossen, nicht nur für die DDR, sondern für das sozialistische Lager.

Zweitens, ich sage es nur kurz, eine der wichtigsten Aufgaben war die Stärkung unserer sozialistischen Wirtschaft. Und wenn ihr mich fragen würdet, ihr werdet sehen, im Saal werden viele zustimmen, das unsere Mitarbeiter Hervorragendes auf diesem Gebiet leisten. Und mehr möchte ich doch wohl dazu nicht sagen müssen. Wir haben Hervorragendes, Genossen, geleistet, unsere Arbeit gemacht zur Stärkung der Volkswirtschaft.

(Zuruf: Zur Geschäftsordnung: Ich bitte doch endlich dafür zu sorgen. In dieser Kammer sitzen nicht nur Genossen.)

(Beifall)

Ich bitte, das ist doch nur eine formale Frage.

(Mißfallensäußerungen)

Ich liebe doch alle Menschen...

(Gelächter)

Ich setze mich doch dafür ein. Also ich bitte um Verständnis. Wenn ich das gemacht haben sollte, dann bitte ich um Verzeihung für diesen Fehler.

Aber jetzt kommt noch eine andere Wahrheit neben diesen beiden. Viele Menschen, einfache und andere, bis zu Direktoren, haben uns vieles mitgeteilt über Unzulänglichkeiten, für die wir gar nicht zuständig gewesen wären. Aber, liebe Abgeordnete, wir haben alles entgegengenommen, um darüber bei den zuständigen Stellen zu berichten, daß eine solche Lage vorhanden ist. Das haben wir getan, von Anfang an seit unserem Bestehen bis zum heutigen Tage. Wir haben das getan. Alle Unzulänglichkeiten, manchmal von ganz kleinen Dingen nur bis zu den größten, haben wir gemeldet Wir haben die ganzen Schwierigkeiten aufgezeigt, die entstehen mit der Republikflucht, mit dem Verlassen der Republik. Wir haben aufgezeigt, wieviel Ärzte die Republik verlassen, haben aufgezeigt, wieviel Lehrer die Republik verlassen. Wir haben, Genossen, ich weiß nicht, soll ich hier die Wahrheit sagen oder nicht, berichtet über diese ganzen Fragen.

(Zuruf: Wo?)

Wir haben Vorschläge gemacht an die Stelle, der ich verpflichtet bin als Minister für Staatssicherheit zu berichten, an die betreffenden Genossen, die ein bestimmtes Arbeitsgebiet haben. Die haben die Fragen bekommen, für die sie zuständig sind, die anderen die anderen.

(Zuruf: Konkret!)

Aber gestattet doch mal, was heißt konkret? Natürlich könnte ich alle Namen nennen. Die kann ich doch nicht alle jetzt aufführen, wohin wir unsere Informationen gegeben haben. Aber wir haben sie gegeben. Glaubt mir doch, wir haben sie gegeben.

Wir haben etwas gemacht, was der Abgeordnete dort anfragte. Wir haben tatsächlich so, wie er es beschrieben hat, auch gearbeitet. Wir haben auf vieles aufmerksam gemacht, was heute hier besprochen wurde. Das einzigste ist, daß vieles, was wir gemeldet haben, nicht immer berücksichtigt wurde und nicht eingeschätzt wurde.

(Zuruf: Von wem?)

Und ich kann hier einmal sagen, daß wir sogar auf Konferenzen aufgetreten sind und gesagt haben: Die Bitte unserer Genossen besteht darin, werte Abgeordnete, — zu den Betreffenden —, daß man unsere Informationen ernst nimmt und sie auswertet, soweit sie auswertbar sind, und daß man Veränderungen schafft. Und wir haben die Einstellung gehabt, auch darauf zu achten, daß das, was gemeldet wurde, was unzulänglich ist, sich verändert. Auch darauf haben wir geachtet

Wir haben also in dieser Beziehung tatsächlich das Wichtigste gesehen: Erhaltung des Friedens, Stärkung der Wirtschaftskraft unserer Deutschen Demokratischen Republik, darauf zu achten, daß unsere Werktätigen ihre Sorgen und Note mitteilen können. Viele wissen doch, daß sie mit uns gesprochen haben, damit wir das weitergeben können, damit das Beachtung findet. Wir haben in dieser Beziehung versucht, nach der Verfassung und nach den bestehenden Gesetzen einwandfrei zu arbeiten.

Quelle: Protokoll der 11. Tagung der Volkskammer der DDR.
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