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Befehl Nr. 49/90 des Ministers für Abrüstung und Verteidigung über die Auflösung der Grenztruppen der DDR vom 21. September 1990

Befehl Nr. 49/90 des Ministers für Abrüstung und Verteidigung über die Auflösung der Grenztruppen der DDR vom 21. September 1990

MINISTERRAT
DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK
MINISTERIUM FDR ABROSTUNG UND VERTEIDIGUNG



BEFEHL Nr.49/90

des Ministers für Abrüstung und Verteidigung

über

die Auflösung der Grenztruppen der DDR

vom 21.09.1990

Zur Auflösung der Grenztruppen der DDR

BEFEHLE ICH:
  1. (1) Die Führungsorgane, Verbände, Truppenteile und Einrichtungen der Grenztruppen der DDR sind aufzulösen.

    Die Übernahme von Angehörigen und Zivilbeschäftigten der Grenztruppen erfolgt nach den Regeln des Einigungsvertrages.

    (2) Zur Führung des Prozesses der Auflösung der Grenztruppen ist aus dem Bestand des Kommandos der Grenztruppen und aus den Stäben der Grenzbezirkskommandos ein zentraler Auflösungsstab im Standort PÄTZ und Auflösungskommandos in den Standorten STENDAL, ERFURT und BERLIN-RUMMELSBURG zu formieren.

  2. (1) Berufssoldaten und Zivilbeschäftigte, die vom Grenzschutz übernommen werden, sind bis zum 30.09.1990 zu entlassen.

    (2) Die vom Grenzschutz benötigten Objekte der Grenztruppen sind in Verantwortlichkeit des Chefs Militärbauwesen und Unterbringung/Ökologie bis 30.09.1990 zur Nutzung zu übergeben.

  3. Berufssoldaten und Zivilbeschäftigte, die ab 03.10.1990 nicht weiter verwendet werden, gehen in den Wartestand und sind im Befehl bzw. Verfügung über Personalentscheidungen zu erfassen und nach den Verfahrensregeln des Einigungsvertrages zu entlassen.Die Eingliederung der Berufssoldaten und Zivilbeschäftigten in eine zivilberufliche Tätigkeit erfolgt auf der Grundlage des Einigungsvertrages.

  4. (1) Die sich im Bestand der Grenztruppen befindlichen Unteroffiziere auf Zeit, Soldaten auf Zeit und Soldaten im Grundwehrdienst sind mit Wirkung vom 28.09.1990 zu den Landstreitkräften zu versetzen.

    (2) Unteroffiziere auf Zeit, Soldaten auf Zeit und Soldaten im Grundwehrdienst, die planmäßig Ende Oktober 1990 ihren Wehrdienst beenden, sind mit Wirkung vom 27.09.1990 vorzeitig wegen struktureller Veränderungen aus dem aktiven Wehrdienst zu entlassen.

    (3) Unteroffiziere auf Zeit und Soldaten auf Zeit, die nicht bereit sind, den Dienst in der NVA bzw. Bundeswehr fortzusetzen, und die Ende Oktober 1990 mindestens 12 Monate Wehrdienst geleistet haben, sind wegen struktureller Veränderungen mit Wirkung vom 27.09.1990 vorzeitig aus dem aktiven Wehrdienst zu entlassen.

    (4) In Vorbereitung der Versetzung hat der Chef der Grenztruppen dem Chef der Landstreitkräfte bis zum 21.09.1990 die Anzahl der Unteroffiziere und Soldaten, die zur NVA zu versetzen sind, nach Truppenteilen/Einheiten und Einrichtungen zu übergeben.

    (5) Der Chef der Landstreitkräfte hat dem Chef der Grenztruppen bis zum 24.09.1990 mitzuteilen, in welche Truppenteile und Einrichtungen diese Angehörigen der Grenztruppen zu versetzen sind. Bei der Versetzung sind die Festlegungen des heimatnahen Einsatzes zu berücksichtigen.

    (6) Der Chef der Grenztruppen hat dem Chef des Hauptstabes der NVA fernschriftlich bis 01.10.1990 die Anzahl der versetzten Unteroffiziere auf Zeit, Soldaten auf Zeit und Soldaten im Grundwehrdienst sowie die Anzahl der Entlassungen zu melden.

  5. Die Waffen und die Munition der Grenztruppen sind abzuverfügen. Dazu sind die Waffen und die Munition bis 30.09.1990 in Standorten der Grenztruppen zwischenzulagern und zur Übergabe vorzubereiten (Anlage).Der Abtransport der Waffen und der Munition in zentrale Lager der Bundeswehr sollen bis 30.11.1990 erfolgen.

  6. (1) Die Arbeiten zum Abbau der Grenzsicherungs- und Ausbildungsanlagen, zum Rückbau der fernmeldetechnischen Anlagen sowie zur Rekultivierung und Herstellung der Sicherheit in Abschnitten ehemaliger Minensperren sind fortzusetzen.

    (2) Der Abbau der Grenzsicherungsanlagen in BERLIN und im Bezirk POTSDAM sollen bis zum 01.12.1990 abgeschlossen werden.

    (3) In den Abschnitten ehemaliger Minensperren (12 Abschnitte mit insgesamt 35 km) sind mindestens 4 Arbeits- und Räumkommandos der Grenztruppen einzusetzen.

    (4) Der Abbau der Grenzsicherungsanlagen in BERLIN und im Bezirk POTSDAM sowie die Herstellung der Sicherheit in den Abschnitten ehemaliger Minensperren ist durch den Einsatz von Truppen der Landstreitkräfte zu unterstützen. Über Umfang und Art der durchzuführenden Arbeiten und der einzusetzenden Kräfte nach dem 02.10.1990 entscheidet der Bundesminister der Verteidigung.

    Die 337 Objekte, die durch die Grenztruppen noch genutzt werden, sind bis zur Abgabe an andere Rechtsträger bzw. Nutzer in Verantwortlichkeit des Leiters des Auflösungsstabes zu sichern und ihre Betreibung zu gewährleisten.
  1. Die materiellen und technischen Mittel sowie die Kfz-Technik sind zu erfassen und an die Bundeswehr abzuverfügen sowie durch Vermarktung bzw. Vernichtung lückenlos aufzulösen. Dazu sollen die materiellen Mittel und Technik aus den Einheiten, Truppenteilen und Einrichtungen in den bestehenden Depots und Lagern sowie weiteren geeigneten Objekten bis 30.10.1990 konzentriert werden. Diese geeigneten Objekte sind bis 30.09.1990 an den Chef der NVA zu melden.

  2. Die Truppenfahnen, Fahnenschleifen, Kasernenschilder und museale Gegenstände sind bis zum 02.10.1990 dem Militärhistorischen Museum DRESDEN protokollarisch zu übergeben. Eine Ausfertigung des Übergabeprotokolls ist dem Leiter der Abteilung Innerer Dienst im Ministerium für Abrüstung und Verteidigung zu übergeben.

  3. Der Chef der Grenztruppen, Generalmajor Teichmann, Dieter, hat die Dienstgeschäfte bis zum 27.09.1990 an Oberst Dr. Hörnlein, Jürgen, zu übergeben.
Das Übergabeprotokoll ist dem Chef der NVA am 28.09.1990 vorzulegen.

Dieser Befehl tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft und ist, außer der Urschrift, bis zum 31.12.1993 zu vernichten.

Gleichzeitig treten außer Kraft:
  • der Befehl Nr. 10/90 des Ministers für Abrüstung und Verteidigung über Maßnahmen zur Veränderung des Grenzregimes an der Staatsgrenze und zur weiteren Formierung des Grenzschutzes der DDR vom 26.06.1990,

  • die 1. Durchführungsanordnung des Staatssekretärs für Abrüstung vom 01.08.1990 zum Befehl Nr. 10/90 des Ministers für Abrüstung und Verteidigung,

  • der Plan der Maßnahmen zur Auflösung der Führungsorgane, Verbände, Truppenteile und Einrichtungen der Grenztruppen vom 15.08.1990
Straußberg, den 21.09.1990

Rainer Eppelmann

Anlage

Bestand an Waffen und Munition der Grenztruppen, ihre Zwischenlagerung in Lagern der Grenztruppen und die Abverfügunq an zentrale Lager der NVA

1. Schützenwaffen Gesamt: 54.260 Stück
  • Auflösungsstab STENDAL: Gesamtbestand 16.750 Stück
    Zwischenlagerung in den Standorten: GRABOW, PERLEBERG, TANGERMÜNDE, HALBERSTADT, SALZWEDEL

    Einlagerung in der Raketentechnischen Basis-2, Standort: BRÜCK

  • Auflösungsstab ERFURT: Gesamtbestand 18.350 Stück
    Zwischenlagerung in den Standorten: SUHL, PLAUEN, KAHLA, HEILIGENSTADT, SONNEBERG, MEININGEN

    Einlagerung im Raketen- und waffentechnischen Lager -2, Standort: HENNERSDORF, Kr. FINSTERWALDE

  • Auflösungsstab BERLIN: Gesamtbestand 19.160 Stück
    Zwischenlagerung in den Standorten: BERLIN-RUMMELSBURG, BERLIN-WILHELMSHAGEN, HENNIGSDORF

    Einlagerung in der Raketentechnischen Basis-2, Standort: BRÜCK
Die Übernahmetermine sind zwischen den Übergebenden und dem Kommandeur der RTeB-2 bzw. dem Leiter des RWTL-2 abzustimmen.

Munition Gesamt: 3.060 t
  • Auflösungsstab STENDAL: Gesamtbestand 900 t

    Zwischenlagerung in den Standorten PERLEBERG, HALBERSTADT, SALZWEDEL

    Einlagerung im ML-32 (WOLFSRUH) bis 30.11.1990

    Verantwortlich für Vorbereitung Lagerräume, Umschlag und Transport der Munition: Chef der Landstreitkräfte in Zusammenarbeit mit dem Chef der Grenztruppen

  • Auflösungsstab ERFURT: Gesamtbestand 800 t

    Zwischenlagerung in den Standorten: HEILIGENSTADT, MEININGEN, SONNEBERG, SUHL, PLAUEN, KAHLA

    Einlagerung im ML des VL KAHLA bis 30.10.1990

    Verantwortlich: Chef der Grenztruppen

  • Auflösungsstab BERLIN: Gesamtbestand 1.360 t

    Zwischenlagerung in den Standorten: BERLIN-RUMMELSBURG, BERLIN-WILHELMSHAGEN, HENNIGSDORF, ML-26/52

    Einlagerung im ML-26/-52 bis 30.10.1990.

    Verantwortlich: Chef der Grenztruppen in Zusammenarbeit mit CRWD/MfAV
Umunterstellung des ML des VL KAHLA als Teillager des KL-22 (ROTHENSTEIN) bis 15.11.1990.

Verantwortlich: Chef des Hauptstabes in Zusammenarbeit mit dem Chef Sicherstellung und Chef der Grenztruppen.

Quelle: Privatarchiv Staatssekretär a.D. Werner Ablaß.
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