geboren 1971
erstickt während der Flucht mit den Eltern am 22. Januar 1973
am Grenzübergang Drewitz/Kontrollpunkt Dreilinden ("Checkpoint Bravo")
am Außenring zwischen Potsdam-Babelsberg und Berlin-Zehlendorf
H., Holger

Holger H.: Aufnahmedatum unbekannt (Foto: BZ, 25. Januar 1973. - Mit freundlicher Genehmigung der Axel Springer AG/Ullstein GmbH)
In einer Januarnacht hält der Lastwagen eines West-Berliner Bekannten auf einem Parkplatz der Transitautobahn. Das Ehepaar besteigt mit dem 15 Monate alten Sohn die Ladefläche und wird in geräumigen Kisten versteckt, die als Leergut gelten: Der 23-jährige Vater in einer, die 20-jährige Mutter und das Kind in einer anderen Kiste. Am Grenzübergang Drewitz hält der Wagen an. „Die Kontrolle in Drewitz dauerte länger als üblich", sagt der Fahrer des Lastwagens später zur West-Berliner Polizei. [8]
Die Nerven des Flüchtlingspaares sind dem Zerreißen nahe, als das Kind zu weinen beginnt. Vergeblich versucht die Mutter, ihren Sohn zu beruhigen und hält ihm in ihrer Panik den Mund zu. Der kleine Holger hat eine Mittelohrentzündung und eine Bronchitis, wahrscheinlich ist mit seinen Atemwegen auch die Nase vom Infekt befallen. Dass er nicht durch die Nase atmen kann, hat sich die Mutter nicht bewusst gemacht. Die Flucht gelingt, die Familie bleibt unentdeckt, nur noch 300 Meter Fahrt, dann werden die Kisten geöffnet. „Mein Kind!" ruft Ingrid H. sofort und hält den Helfern am westlichen Kontrollpunkt Dreilinden den reglosen kleinen Körper entgegen. Holger H. atmet nicht mehr, alle Wiederbelebungsversuche bleiben erfolglos. Der 15 Monate alte Holger H. sollte auf einem Friedhof in Berlin-Marienfelde beigesetzt werden. [9]
Text: Martin Ahrends/Udo Baron