geboren am 21. November 1942
erschossen am 18. Oktober 1965
An der Stammbahn 53
am Außenring zwischen Kleinmachnow (Kreis Potsdam-Land) und Berlin-Zehlendorf
Kittel, Walter
Im Dezember 1992 erlangt ein Urteil des Bezirksgerichts Potsdam in einem der Mauerschützenprozesse besondere Beachtung. Auf der Grundlage des Strafgesetzbuches der DDR wird ein ehemaliger Grenzsoldat wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. [51] Im darauf folgenden Jahr erhöht der Bundesgerichtshof in Berlin im Revisionsverfahren das Strafmaß wegen Mordes auf zehn Jahre Freiheitsentzug. [52] Die Richter entscheiden auf diese höchste Haftstrafe für einen ehemaligen Grenzsoldaten, da der Angeklagte den bereits gestellten Flüchtling Walter Kittel einer Hinrichtung vergleichbar mit 30 Schüssen getötet habe.
In der DDR wurde der Mord an Walter Kittel strafrechtlich nicht verfolgt. Stattdessen wurde der damalige Kommandeur des Gruppenabschnitts in Kleinmachnow ausgezeichnet und zum Feldwebel befördert, die beteiligten Posten wurden ebenfalls belobigt und erhielten jeweils eine Uhr als Prämie. [53]
Am Abend des 17. Oktober 1965 treffen sich der 22-jährige Walter Kittel und der zwei Jahre jüngere Eberhardt K. zufällig in der in Teltow-Seehof gelegenen Gaststätte „Libelle". Die flüchtigen Bekannten kommen ins Gespräch und stellen schnell eine Gemeinsamkeit fest: Sie planen beide, nach West-Berlin zu flüchten. Gegen Mitternacht verlassen sie die Gastwirtschaft und fahren mit dem Bus in Richtung Kleinmachnow. Walter Kittel schlägt vor, das Fluchtvorhaben noch in der gleichen Nacht zu verwirklichen. Da er in der Nähe der Grenzanlagen wohnt, ist es ihm schon seit einiger Zeit möglich, den Grenzverlauf und die Bewegungen der Grenzposten zu beobachten. Er weiß genau, an welcher Stelle die Flucht gewagt werden soll. Eberhardt K. stimmt dem Plan zu und begleitet Walter Kittel in dessen Wohnung, wo eine Skizze für das Fluchtvorhaben und Werkzeug zur Überwindung der Grenzsperren bereitliegen. [54] Gegen 2.45 Uhr gelangen die Beiden durch den Garten des Kleinmachnower Grundstückes „An der Stammbahn 53" an den ca. eineinhalb Meter hohen Hinterlandzaun, der zugleich das Grundstück zu den Grenzanlagen hin abschließt. Sie überwinden den Zaun, überqueren den zum Grenzgebiet gehörenden Postenweg sowie den Kfz-Sperrgraben und robben in Richtung Grenzzaun. Im Abschnitt der Hundetrasse verharren sie. Ein Wachhund nähert sich ihnen, wittert sie jedoch nicht. Walter Kittel und Eberhardt K. sind nur noch wenige Schritte vom letzten Grenzzaun entfernt. Noch bevor sie ihren Fluchtweg fortsetzen können, werden sie von zwei Grenzposten entdeckt. Die Posten schießen eine Signalkugel ab und fordern die Flüchtlinge auf, mit erhobenen Händen an den Kolonnenweg heranzutreten. Walter Kittel und Eberhardt K. ist klar, dass ihre Flucht gescheitert ist. Sie gehen wie gefordert zum Kolonnenweg, wo es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen ihnen und den Posten kommt, in deren Verlauf einer der Grenzsoldaten drei gezielte Schüsse in Richtung der Füße der gestellten Flüchtlinge abgibt. Eberhardt K. wird am Fuß getroffen. Vor den schießwütigen Grenzern suchen Walter Kittel und Eberhardt K. im Kfz-Sperrgraben Schutz. Doch die Grenzposten setzen den Beschuss fort. Eberhardt K. wird erneut getroffen und am Oberarm und durch einen Beckendurchschuss schwer verletzt. Nun kommt der durch die Leuchtkugel aufmerksam gewordene Kommandeur des Gruppenabschnitts hinzu und übernimmt das Kommando. [55] Er fordert die beiden Flüchtlinge auf, den Graben zu verlassen. Nachdem Walter Kittel, der anders als Eberhardt K. bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verletzt ist und der Aufforderung Folge leisten kann, die schützende Deckung des Grabens aufgegeben hat, gibt der Kommandeur aus einer Entfernung von ca. 15 Metern 30 Schüsse auf ihn ab. Dabei schreit er: „Ich habe mir geschworen, hier kommt keiner mehr lebend raus!" [56] Walter Kittel wird in Brust und Bauch getroffen und stürzt zu Boden. Er stirbt unmittelbar vor Ort an mehrfachen Organverletzungen.
Um zu verhindern, dass das Geschehene von der West-Berliner Seite aus beobachtet werden kann, bringen die Posten den getöteten Walter Kittel und den verletzten Eberhardt K. sofort ins Hinterland. [57] Verächtlich stößt einer der Grenzsoldaten den Leichnam von Walter Kittel mit dem Fuß an und sagt: „Dieses Schwein ist tot, aber der Hund lebt noch!" [58] Wenig später werden sie auf der Ladefläche eines Lkws abtransportiert. Während der Leichnam von Walter Kittel im Institut für gerichtliche Medizin in der Humboldt-Universität obduziert wird, kommt Eberhardt K. zunächst in das Kleinmachnower Krankenhaus und später in das Volkspolizei-Krankenhaus in der Scharnhorststraße in Berlin. [59]
Der Vater von Walter Kittel ist Mitglied der SED und arbeitet als technischer Direktor in einem Volkseigenen Betrieb. Die Stasi unterrichtet ihn am darauf folgenden Tag über den Tod seines Sohnes und lässt ihn eine Erklärung unterschreiben, „gegenüber 3. Personen darüber keine Mitteilung zu machen." [60] Zudem muss er sein Einverständnis zur staatlichen Regelung der Bestattung geben. Aus einem Stasi-Bericht geht hervor, dass die Todesnachricht ihn schwer getroffen habe. An dem Fluchtversuch selbst habe er keinen Zweifel gehegt, da sein Sohn im September 1959 schon einmal nach West-Berlin geflohen war. [61] Wenige Wochen zuvor war die Familie – Walter Kittel zusammen mit seinen zwei Geschwistern und seinem Vater –, vom thüringischen Kölleda nach Kleinmachnow gezogen, nachdem innerhalb von wenigen Jahren mehrere Bezugspersonen aus dem engsten Familienkreis von Walter Kittel gestorben waren. [62]
In Kölleda ist der am 21. Mai 1942 geborene Walter Kittel aufgewachsen und zur Schule gegangen. Dort, im nahegelegenen Gutmannshausen, beginnt er 1957 eine Lehre als Kfz-Schlosser. In West-Berlin wohnt er nach der erfolgreichen Flucht in einem Lager, aus dem ihn sein Vater drei Monate später zurück nach Kleinmachnow holt. [63]
Was Walter Kittel dazu veranlasst hat, wieder in die DDR zurückzukehren, ist nicht bekannt. Jedoch scheint er in der Zeit nach seiner „Rückführung" in die DDR politisch besonders aktiv gewesen zu sein. Walter Kittel gründet innerhalb der lokalen FDJ-Gruppe einen Fanfarenzug, tritt dem Zirkel „Schreibender Arbeiter" bei und wird Mitarbeiter der FDJ-Kreisleitung in Jüterbog, später in Nauen. 1961 beendet er in Kleinmachnow erfolgreich seine Lehre. Zudem meldet sich Walter Kittel freiwillig zur Nationalen Volksarmee, wird aber aus gesundheitlichen Gründen nicht einberufen. Im darauf folgenden Jahr besucht er für acht Wochen die Bezirksschule der FDJ in Schwante. [64] In dieser Zeit lernt Walter Kittel eine junge Frau kennen, die ihm eine Tochter gebiert. [65] Beschäftigt ist er seit August 1961 bei der „Milchader" Kreis Nauen und bis 1964 beim Meliorationsbau Potsdam. [66]
Spätestens ab 1964 lässt Walter Kittels politisches Engagement rapide nach. [67] Auch öffentlich fällt er auf: Betrunken schimpft er gegenüber einem Volkspolizisten auf Walter Ulbricht. Zudem vergleicht er die Methoden der Volkspolizei, wie auch die Erziehungsmethoden seines Vaters, mit denen der SS. [68] Infolgedessen wird Walter Kittel im Mai 1964 wegen „verbrecherischer Trunkenheit in Verbindung mit Staatsverleumdung" zu neun Monaten Gefängnis auf zwei Jahre Bewährung verurteilt. [69] Die folgenreichen Äußerungen verdeutlichen die zunehmende Unzufriedenheit Walter Kittels mit den politischen Verhältnissen in der DDR, aber auch seine familiären Probleme. Darin liegen vermutlich auch die Gründe für das erneute Fluchtvorhaben.
Walter Kittels Fluchtgefährte, Eberhardt K., wird noch im Dezember 1965 vom Bezirksgericht Potsdam wegen Vergehens gegen das Passgesetz zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Nach neunmonatigem Krankenhausaufenthalt kommt er in die Haftanstalt Berlin-Rummelsburg. [70] Dort berichtet er Mithäftlingen von dem gescheiterten Fluchtversuch und dem Tod von Walter Kittel. Zwei Jahre später gelangen zwei dieser Häftlinge nach West-Berlin, wo sie das Erzählte bei der Polizei als Zeugen zu Protokoll geben. [71] Sie bestätigen damit den schon seit einiger Zeit bestehenden Verdacht der West-Berliner Polizei, dass in der Nacht zum 18. Oktober 1965 an der Sektorengrenze in Kleinmachnow ein Flüchtling ums Leben gekommen sei. Ein West-Berliner Polizist und ein Zollbeamter haben in der betreffenden Nacht im angrenzenden Bezirk Berlin-Zehlendorf Schüsse wahrgenommen. Eine Festnahme oder den Abtransport eines Verletzten oder Toten im Grenzgebiet konnten die Beamten jedoch nicht beobachten. [72] In West-Berlin ist am Folgetag in der Presse von einem gescheiterten Fluchtversuch in Kleinmachnow zu lesen. [73] Bereits am 25. Oktober 1965 stellt die West-Berliner Polizei eine Strafanzeige gegen einen namentlich nicht bekannten Angehörigen der 4. Grenzbrigade des 46. Regiments. [74] Wenige Tage später dringen Informationen nach West-Berlin, dass in der betreffenden Nacht ein Flüchtling ums Leben gekommen ist, der Walter Kittel heißt. [75]
Seit 1999 erinnert am Adam-Kuckhoff-Platz in Kleinmachnow ein Gedenkstein an die Opfer der Teilung Deutschlands, die wie Walter Kittel an der Grenze in Kleinmachnow ums Leben gekommen sind.
Text: Lydia Dollmann
In der DDR wurde der Mord an Walter Kittel strafrechtlich nicht verfolgt. Stattdessen wurde der damalige Kommandeur des Gruppenabschnitts in Kleinmachnow ausgezeichnet und zum Feldwebel befördert, die beteiligten Posten wurden ebenfalls belobigt und erhielten jeweils eine Uhr als Prämie. [53]
Am Abend des 17. Oktober 1965 treffen sich der 22-jährige Walter Kittel und der zwei Jahre jüngere Eberhardt K. zufällig in der in Teltow-Seehof gelegenen Gaststätte „Libelle". Die flüchtigen Bekannten kommen ins Gespräch und stellen schnell eine Gemeinsamkeit fest: Sie planen beide, nach West-Berlin zu flüchten. Gegen Mitternacht verlassen sie die Gastwirtschaft und fahren mit dem Bus in Richtung Kleinmachnow. Walter Kittel schlägt vor, das Fluchtvorhaben noch in der gleichen Nacht zu verwirklichen. Da er in der Nähe der Grenzanlagen wohnt, ist es ihm schon seit einiger Zeit möglich, den Grenzverlauf und die Bewegungen der Grenzposten zu beobachten. Er weiß genau, an welcher Stelle die Flucht gewagt werden soll. Eberhardt K. stimmt dem Plan zu und begleitet Walter Kittel in dessen Wohnung, wo eine Skizze für das Fluchtvorhaben und Werkzeug zur Überwindung der Grenzsperren bereitliegen. [54] Gegen 2.45 Uhr gelangen die Beiden durch den Garten des Kleinmachnower Grundstückes „An der Stammbahn 53" an den ca. eineinhalb Meter hohen Hinterlandzaun, der zugleich das Grundstück zu den Grenzanlagen hin abschließt. Sie überwinden den Zaun, überqueren den zum Grenzgebiet gehörenden Postenweg sowie den Kfz-Sperrgraben und robben in Richtung Grenzzaun. Im Abschnitt der Hundetrasse verharren sie. Ein Wachhund nähert sich ihnen, wittert sie jedoch nicht. Walter Kittel und Eberhardt K. sind nur noch wenige Schritte vom letzten Grenzzaun entfernt. Noch bevor sie ihren Fluchtweg fortsetzen können, werden sie von zwei Grenzposten entdeckt. Die Posten schießen eine Signalkugel ab und fordern die Flüchtlinge auf, mit erhobenen Händen an den Kolonnenweg heranzutreten. Walter Kittel und Eberhardt K. ist klar, dass ihre Flucht gescheitert ist. Sie gehen wie gefordert zum Kolonnenweg, wo es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen ihnen und den Posten kommt, in deren Verlauf einer der Grenzsoldaten drei gezielte Schüsse in Richtung der Füße der gestellten Flüchtlinge abgibt. Eberhardt K. wird am Fuß getroffen. Vor den schießwütigen Grenzern suchen Walter Kittel und Eberhardt K. im Kfz-Sperrgraben Schutz. Doch die Grenzposten setzen den Beschuss fort. Eberhardt K. wird erneut getroffen und am Oberarm und durch einen Beckendurchschuss schwer verletzt. Nun kommt der durch die Leuchtkugel aufmerksam gewordene Kommandeur des Gruppenabschnitts hinzu und übernimmt das Kommando. [55] Er fordert die beiden Flüchtlinge auf, den Graben zu verlassen. Nachdem Walter Kittel, der anders als Eberhardt K. bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verletzt ist und der Aufforderung Folge leisten kann, die schützende Deckung des Grabens aufgegeben hat, gibt der Kommandeur aus einer Entfernung von ca. 15 Metern 30 Schüsse auf ihn ab. Dabei schreit er: „Ich habe mir geschworen, hier kommt keiner mehr lebend raus!" [56] Walter Kittel wird in Brust und Bauch getroffen und stürzt zu Boden. Er stirbt unmittelbar vor Ort an mehrfachen Organverletzungen.
Um zu verhindern, dass das Geschehene von der West-Berliner Seite aus beobachtet werden kann, bringen die Posten den getöteten Walter Kittel und den verletzten Eberhardt K. sofort ins Hinterland. [57] Verächtlich stößt einer der Grenzsoldaten den Leichnam von Walter Kittel mit dem Fuß an und sagt: „Dieses Schwein ist tot, aber der Hund lebt noch!" [58] Wenig später werden sie auf der Ladefläche eines Lkws abtransportiert. Während der Leichnam von Walter Kittel im Institut für gerichtliche Medizin in der Humboldt-Universität obduziert wird, kommt Eberhardt K. zunächst in das Kleinmachnower Krankenhaus und später in das Volkspolizei-Krankenhaus in der Scharnhorststraße in Berlin. [59]
Der Vater von Walter Kittel ist Mitglied der SED und arbeitet als technischer Direktor in einem Volkseigenen Betrieb. Die Stasi unterrichtet ihn am darauf folgenden Tag über den Tod seines Sohnes und lässt ihn eine Erklärung unterschreiben, „gegenüber 3. Personen darüber keine Mitteilung zu machen." [60] Zudem muss er sein Einverständnis zur staatlichen Regelung der Bestattung geben. Aus einem Stasi-Bericht geht hervor, dass die Todesnachricht ihn schwer getroffen habe. An dem Fluchtversuch selbst habe er keinen Zweifel gehegt, da sein Sohn im September 1959 schon einmal nach West-Berlin geflohen war. [61] Wenige Wochen zuvor war die Familie – Walter Kittel zusammen mit seinen zwei Geschwistern und seinem Vater –, vom thüringischen Kölleda nach Kleinmachnow gezogen, nachdem innerhalb von wenigen Jahren mehrere Bezugspersonen aus dem engsten Familienkreis von Walter Kittel gestorben waren. [62]
In Kölleda ist der am 21. Mai 1942 geborene Walter Kittel aufgewachsen und zur Schule gegangen. Dort, im nahegelegenen Gutmannshausen, beginnt er 1957 eine Lehre als Kfz-Schlosser. In West-Berlin wohnt er nach der erfolgreichen Flucht in einem Lager, aus dem ihn sein Vater drei Monate später zurück nach Kleinmachnow holt. [63]
Was Walter Kittel dazu veranlasst hat, wieder in die DDR zurückzukehren, ist nicht bekannt. Jedoch scheint er in der Zeit nach seiner „Rückführung" in die DDR politisch besonders aktiv gewesen zu sein. Walter Kittel gründet innerhalb der lokalen FDJ-Gruppe einen Fanfarenzug, tritt dem Zirkel „Schreibender Arbeiter" bei und wird Mitarbeiter der FDJ-Kreisleitung in Jüterbog, später in Nauen. 1961 beendet er in Kleinmachnow erfolgreich seine Lehre. Zudem meldet sich Walter Kittel freiwillig zur Nationalen Volksarmee, wird aber aus gesundheitlichen Gründen nicht einberufen. Im darauf folgenden Jahr besucht er für acht Wochen die Bezirksschule der FDJ in Schwante. [64] In dieser Zeit lernt Walter Kittel eine junge Frau kennen, die ihm eine Tochter gebiert. [65] Beschäftigt ist er seit August 1961 bei der „Milchader" Kreis Nauen und bis 1964 beim Meliorationsbau Potsdam. [66]
Spätestens ab 1964 lässt Walter Kittels politisches Engagement rapide nach. [67] Auch öffentlich fällt er auf: Betrunken schimpft er gegenüber einem Volkspolizisten auf Walter Ulbricht. Zudem vergleicht er die Methoden der Volkspolizei, wie auch die Erziehungsmethoden seines Vaters, mit denen der SS. [68] Infolgedessen wird Walter Kittel im Mai 1964 wegen „verbrecherischer Trunkenheit in Verbindung mit Staatsverleumdung" zu neun Monaten Gefängnis auf zwei Jahre Bewährung verurteilt. [69] Die folgenreichen Äußerungen verdeutlichen die zunehmende Unzufriedenheit Walter Kittels mit den politischen Verhältnissen in der DDR, aber auch seine familiären Probleme. Darin liegen vermutlich auch die Gründe für das erneute Fluchtvorhaben.
Walter Kittels Fluchtgefährte, Eberhardt K., wird noch im Dezember 1965 vom Bezirksgericht Potsdam wegen Vergehens gegen das Passgesetz zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Nach neunmonatigem Krankenhausaufenthalt kommt er in die Haftanstalt Berlin-Rummelsburg. [70] Dort berichtet er Mithäftlingen von dem gescheiterten Fluchtversuch und dem Tod von Walter Kittel. Zwei Jahre später gelangen zwei dieser Häftlinge nach West-Berlin, wo sie das Erzählte bei der Polizei als Zeugen zu Protokoll geben. [71] Sie bestätigen damit den schon seit einiger Zeit bestehenden Verdacht der West-Berliner Polizei, dass in der Nacht zum 18. Oktober 1965 an der Sektorengrenze in Kleinmachnow ein Flüchtling ums Leben gekommen sei. Ein West-Berliner Polizist und ein Zollbeamter haben in der betreffenden Nacht im angrenzenden Bezirk Berlin-Zehlendorf Schüsse wahrgenommen. Eine Festnahme oder den Abtransport eines Verletzten oder Toten im Grenzgebiet konnten die Beamten jedoch nicht beobachten. [72] In West-Berlin ist am Folgetag in der Presse von einem gescheiterten Fluchtversuch in Kleinmachnow zu lesen. [73] Bereits am 25. Oktober 1965 stellt die West-Berliner Polizei eine Strafanzeige gegen einen namentlich nicht bekannten Angehörigen der 4. Grenzbrigade des 46. Regiments. [74] Wenige Tage später dringen Informationen nach West-Berlin, dass in der betreffenden Nacht ein Flüchtling ums Leben gekommen ist, der Walter Kittel heißt. [75]
Seit 1999 erinnert am Adam-Kuckhoff-Platz in Kleinmachnow ein Gedenkstein an die Opfer der Teilung Deutschlands, die wie Walter Kittel an der Grenze in Kleinmachnow ums Leben gekommen sind.
Text: Lydia Dollmann