Todesopfer > Hayn, Walter

Bericht der DDR-Grenztruppen über den Fluchtversuch von Walter Hayn am 27. Februar 1964

28. Februar 1964

BERICHT

über das besondere Vorkommnis vom 27.02.64 - 22.20 Uhr - im Abschnitt 5./GR - 37 Kleingartenanlage Sorgenfrei (17 96-1)

Betrifft: Verhinderter Grenzdurchbruch Ost/West unter Anwendung der Schußwaffe mit Tötung des Grenzverletzers.

I. Sachverhalt:

Am 27.02.64 gegen 22.20 Uhr wurde im Grenzabschnitt der 5. Kompanie GR - 37 (eingesetzt zur Sicherung des Abschnittes TWG außschl. /KPP Sonnenallee außschl. von 22.00 bis 06.00 Uhr der 4. Zug der 5. Kompanie = Abschnitt 3 /GR - 37) der versuchte Grenzdurchbruch einer männlichen Person (Personalien den Abwehrorganen bekannt - Bürger der Hauptstadt der DDR) durch die eingesetzten Grenzposten am Sackführerdamm
    Postenführer Gefr. G(...), Adolf
    geb. am (...) 1943
    NVA seit 01.08.1961
    FDJ

    Posten Soldat T(...), Dieter
    geb. (...) 1938
    NVA seit 01.11.1963
unter Anwendung der Schußwaffe verhindert und der Grenzverletzer tödlich verletzt.

Der Grenzverletzer versuchte aus dem eigenen Hinterland kommend auf Höhe Kleingartenanlage Sorgenfrei nach Übersteigen des Hinterlandsicherungszaunes und Unterkriechen eines Signalgerätes über den Kfz. - Sperrgraben und Kontrollstreifen die Pionieranlagen (Drahtsperre auf drei Pfählen) nach Westberlin zu durchbrechen.

Die Grenzposten bemerkten den Grenzverletzer in Höhe des Kfz. - Sperrgrabens. Da die Person auf Anruf und Warnschuß nicht reagierte, wurden durch den Postenführer gezielte Feuerstöße (insgesamt 11 Schuß), durch den Posten ein Feuerstoß (3 Schuß) sowie den linken Nachbarposten Stgfr.
    Stgfr. B(...), Wolfgang
    ge. (...) 1944
    NVA seit 14.09.1961
    SED und FDJ (eingesetzt als Posten am Grenzknick)
ein Zielschuß abgeben. Durch 2 festgestellte Schußverletzungen wurde der Grenzverletzer getötet und brach unmittelbar vor der Pioniersperre auf dem Kontrollstreifen zusammen.

Durch den Gfr. G. und Soldaten T. wurde der Grenzverletzer sofort in den Kfz.- Sperrgraben gezogen und nach Meldung an den Führungspunkt in Richtung Kiefholzstraße gedeckt abtransportiert. Die Übernahme durch den eingesetzten Sankra des GR – 37 erfolgte gegen 22.35 Uhr. Die Person wurde dem VP-Krankenhaus zugeführt und der Tod bestätigt.

Zur Tatzeit befanden sich k e i n e Kräfte des Gegners auf Westberliner Gebiet in diesem Abschnitt. Nach 10 Minuten (22.30 Uhr) erschien am Sackführerdamm Funkstreifenwagen der Duepo, besetzt mit einem Offizier und 3 Mann. Die Westberliner Polizeiangehörigen gingen in Stellung und versuchten den Sachverhalt aufzuklären bzw. angenommene Handlungen von Grenzverletzern zu decken. Entsprechend der Lage ist mit Sicherheit anzunehmen, daß die Handlungen der eigenen Posten zu Verhinderung des Grenzdurchbruchs nicht beobachtet und fotografische Sicherstellung der Bergung des Grenzverletzers n i c h t vorgenommen werden konnte. Die Angehörigen der Duepo entfernten sich gegen 23.35 Uhr ins Westberliner Hinterland.

Der eingesetzte Zugführer des 4. Zuges 5./GR – 37, Oberfeldwebel H(...), befand sich zur Postenkontrolle im Grenzgebiet, reagierte sofort auf den Schußwaffengebrauch und leitete am Ort zweckmäßige Maßnahmen zur Sicherung der Bergung des Grenzverletzers, Durchsuchung des eigenen Hinterlandes sowie Verstärkung der Grenzsicherung im gefährdeten Abschnitt ein.

II. Eingeleitete Maßnahmen:

- Postenpaar wurde abgelöst; neuer Posten eingeführt

- Reservezug des GR – 37 bis Wiederherstellung der normalen Lage eingeführt;

- Untersuchungsgruppe GBr. /GR gebildet und eingesetzt;

- Weitere Bearbeitung durch Abwehrorgan bzw. Berliner Verwaltung des MfS

- Sicherstellung der Nachrichtensperre und Geheimhaltung

- Sicherstellung differenzierter Auswertung unter Einhaltung der Forderungen der DV 10/9

- Würdigung der vorbildlichen Dienstdurchführung

III. Schlußfolgerungen:

1. Die im Gruppenabschnitt 1 des 4. Zuges 5./GR – 37 eingesetzte Grenzposten haben durch kluges taktisches Verhalten, Entschlußkraft und Initiative unter Anwendung der Schußwaffe ihren Kampfauftrag vorbildlich erfüllt.

Der Zugführer, die eingesetzten Reservekräfte sowie der Feldscher des GR – 37 haben die Lage richtig beurteilt und zweckmäßige Entschlüsse gefaßt.

2. Dem Gegner war auf Grund des taktisch richtigen Verhaltens und schnellen Reagierens der handelnden Kräfte des GR – 37 die Aufklärung des Sachverhalts erschwert und vermutlich nicht möglich.

Die Ausnutzung des versuchten Grenzdurchbruchs zu einer beabsichtigten Provokation durch Westberliner Polizeikräfte wurde verhindert.

3. Das Beispiel vorbildlicher Dienstführung ist für die Auswertung im gesamten Verband geeignet.

Bitte: Durch den Stadtkommandanten der Hauptstadt der DDR – Berlin – nachstehende Vorschläge zur Auszeichnung zu erwägen:
    Zugführer 4./5./GR – 37 Oberfeldwebel H(...), Dieter

    mit der Medaille für vorbildlichen Grenzdienst

    Postenführer Gefr. G(...)
    Posten Sold. T(...)

    mit dem Leistungsabzeichen der Grenztruppen
i.V. – Oberst - G(...)


Quelle: BArch, VA-07/16933, Bl. 191-193
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