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Willi Marzahn: Meldung des NVA-Stadtkommandanten Poppe an Erich Honecker

19.März 1966

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Werter Genosse Honecker!

Ich melde:

Am 19. März 1966, gegen 06.15 Uhr, versuchten zwei Angehörige der NVA vom MSR – 2 gewaltsam im Abschnitt der 2./GR-48, Kohlhasenbrück, die Staatsgrenze in Richtung Westberlin zu durchbrechen.

Die eingesetzten Grenzposten eröffneten das Feuer als sich beide Fahnenflüchtigen der Staatsgrenze näherten, nachdem sie einen zur Sicherung gefestigten Trassenhund getötet hatten.

Durch die Anwendung der Schußwaffe wurde der Unteroffizier Marzahn, Willi durch Kopfschuß verletzt, während dem zweiten fahnenflüchtigen, Unteroffizier M(...), Eberhard, die Flucht nach Westberlin gelang.

Nach Meldung des MSR – 2 erbrachen die Fahnenflüchtigen die Waffenkammer und setzten sich in den Besitz von 2 Maschinenpistolen und 3 Pistolen.

2 Maschinenpistolen und 2 Pistolen befinden sich in unserem Besitz, die 3. Pistole führt vermutlich der Unteroffizier (...) bei sich.

Durch die Fahnenflüchtigen wurde auf die Grenzposten Feuer geführt, die Grenzposten wurden nicht verletzt.

Der Unteroffizier Marzahn wurde durch eigene Kräfte geborgen und in das Standortlazarett der 1. MSD überführt.

Die Handlungen der Grenzposten zur Verhinderung der Fahnenflucht sowie die Bergung des Verletzten wurden vermutlich von Westberliner Seite aus durch Angehörige der Duepo beobachtet.

Handlungen wurden durch die Angehörigen der Westberliner Polizei nicht geführt.

Schlußfolgerungen:

1. Die Tatsache, daß der Unteroffizier Marzahn verletzt wurde zeigt, daß die eingesetzten Posten den Willen hatten durch konsequente Anwendung der Schußwaffe den Durchbruch zu verhindern.

2. Obwohl die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, läßt sich ausgehend von der Lage in diesem Abschnitt schlußfolgern, daß die taktischen Handlungen nicht entsprechend den Forderungen der Vorschrift durchgeführt wurden.

Dabei muß beachtet werden, daß durch die Fahnenflüchtigen das Feuer auf die Grenzposten geführt wurde und dadurch die Handlungen erschwert wurden.

Aufgaben:

1. Untersuchung des Vorkommnisses durch eine Kommission der Stadtkommandantur.

2. Nach Abschluß der Untersuchung Auswertung, verbunden mit erneuter taktischer Lehrvorführung.

Poppe
Generalmajor

Quelle: BArch, VA-07/8373, Bl. 103-104
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