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Giuseppe Savoca: MfS-Protokoll der Befragung eines DDR-Grenzsoldaten

15. Juni 1974

[...]

Protokoll

zur Befragung des Postenführers
    Gefreiter
    (...) , (...)
    geb. am (...)1953
    Güstsicherungsregiment Berlin
zum Ereignis des Ertrinkens eines Westberliner Kindes am Spreeufer (Gröben-Ufer, Nähe Güst Oberbaumbrücke, Stadtbezirk Kreutzberg in Berlin-West) an der Staatsgrenze der DDR zu Westberlin am 15. 6. 1974

(...) versah seinen Dienst am 15. 6. 1974 zum Ereigniszeitpunkt als Posten auf dem Beobachtungsturm der Güst Oberbaumbrücke mit Blickrichtung in das Vorfeld nach Berlin-West. Nach 10.00 Uhr sah er am Groben-Ufer in Westberlin, ca. 60 m unterhalb der Güst zwei fünf- bis siebenjährige Kinder spielen. Beide Kinder waren durch das Ufergeländer gekrochen. Eines der Kinder, bekleidet mit einem gelben Nicky, angelte mit einem Stock nach im Wasser schwimmenden Gegenständen. Der Wasserspiegel der Spree lag zu diesem Zeitpunkt etwa 65 cm unter der Uferoberkante. Beim Angeln nach Gegenständen verlor das Kind das Gleichgewicht und fiel ins Wasser. Es paddelte kurzeitig an der Wasseroberfläche und sank mit einhergehender Blasenbildung unter. Unmittelbar danach, 10.15 Uhr, verständigte (...) den Befehlsstand der Bootskompanie des Grenzregimentes 35 vom Ereignis. Der Spielgefährte des Kindes lief weg und kam nach Peststellung des (...) mit einer männlichen Person (ca. 30 Jahre alt, mittelgroß) und einer erwachsenen weiblichen Person (ca. 25 Jahre, mittelgroß, bekleidet mit farbigen Cordjeans und einem roten Pullover) an das Ufer.

In der Folgezeit nahm (...) am Gröben-Ufer eine Ansammlung von Schaulustigen wahr, deren Zahl bis 11.00 Uhr bis auf etwa 100 Personen anwuchs. Aus der Menge der Leute fertigten 3 oder 4 Personen Aufnahmen mit Schmalfilmkameras. (...) stellte keine Aktivitäten der Menschen am Gröben-Ufer zur Rettung des Kindes fest. Gegen 10.25 Uhr bemerkte (...) die Ankunft zweier Dienstboote des Grenzregimentes 35, die den Ereignisort absicherten. Gegen 10.35 Uhr kamen am westlichen Ufer der Spree 4 Feuerwehrzüge einschließlich eines Rettungswagens sowie 4 Funkstreifenwagen der Westberliner Schutzpolizei an. Gleichzeitig mit der Tauchergruppe des Grenzregimentes 35 kamen gegen 10.45 Uhr 3 Westberliner Taucher zum Ereignisort. Die, Taucher des Grenzregimentes 35 begannen nach Ankunft sofort mit den Bergungsmaßnahmen. Gegen 11.00 Uhr wurde das Kind von den Grenzsicherungskräften der DDR geborgen. Die Westberliner Behörden griffen nicht in die Maßnahmen zur Bergung des Kindes ein.

(...) gibt an, daß er unmittelbar nach Ereigniseintritt kein Dienstboot des Grenzregimentes am Ereignisort gesehen hat. Er räumt ein, daß während der Zeit seiner Meldung zum Befehlsstand der Bootskompanie ein Boot vorgefahren sein könnte. Jürich Oberleutnant

Quelle: BStU, MfS, AS Nr. 109/77, Bl. 164-165
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