Das Gesetz über den Umgang mit den Stasi-Daten vom 24.8.1990 muss in vollem Umfang Bestandteil des Einigungsvertrages werden": Um dieser Forderung Gehör zu verschaffen, besetzen DDR-Bürgerrechtler am 4. September 1990 mehrere Räume in der ehemaligen Zentrale der DDR-Staatssicherheit.Mehr
5. September
1990
Im Bundestag findet die erste Lesung des Einigungsvertrages statt. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble betont in seiner Rede, dass der Einigungsvertrag aufgrund seiner Regelungsbreite und der vorgenommenen rechtlichen Vereinheitlichungen in der Rechtsgeschichte „ohne Beispiel" ist.
6. September
1990
In Anwesenheit von Bundespräsident Richard von Weizsäcker behandelt die Volkskammer den Einigungsvertrag in erster Lesung.Mehr
10. September
1990
Der Termin für die Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrages durch die Außenminister der beteiligten Staaten ist für den 12. September in Moskau festgelegt, doch noch wird zwischen Bonn und Moskau heftig um den Preis gefeilscht.
Der sowjetische Partei- und Staatschef Michail Gorbatschow hat am 7. September in einem Telefonat mit Bundeskanzler Helmut weitere finanzielle Kompensationen verlangt. 11 bis 12 Mrd. DM, so Bundeskanzler Helmut Kohl, sei die Bundesregierung bereit, für Stationierung, Abzug und Unterbringung der sowjetischen Streitkräfte zu zahlen.
Doch Michail Gorbatschow fordert 15 bis 16 Mrd. DM. Und wenn die Bundesregierung auf die sowjetischen Forderungen nicht eingehe, droht der KPdSU-Chef, „müsse nun praktisch noch einmal alles von Anfang an verhandelt werden." Das Scheitern der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen vor Augen, erhöht Kohl an diesem Tag das Angebot um einen zinslosen 3-Mrd.-DM-Kredit. Erst jetzt ist das letzte Hindernis beseitigt und die sowjetische Unterschrift unter den Zwei-plus-Vier-Vertrag gesichert.weniger anzeigen
12. September
1990
In Moskau unterzeichnen die Außenminister der Bundesrepublik, der DDR und der Vier Mächte den „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland". Darin verzichten die Besatzungsmächte auf ihre mit dem Zweiten Weltkrieg verbundenen Rechte und Verantwortlichkeiten in Berlin und in Deutschland als Ganzes.Mehr
In Ost-Berlin tagt der DDR-Ministerrat. Alle Beschlüsse dieser Sitzung können noch in den Einigungsvertrag einfließen. Einer der Tagesordnungspunkte ist das Nationalparkprogramm, dem ein neues Naturlandschaftskonzept zugrunde liegt.Mehr
12. September
1990
Da hinsichtlich des Umgangs mit den Staatssicherheits-Akten noch immer keine Einigung erzielt worden ist und die Umsetzung der Regelungen des Gesetzes vom 24. August nach wie vor nicht garantiert wird, treten die Besetzer in der Normannenstraße in den Hungerstreik.Mehr
Das Verfassungsgericht in Karlsruhe weist eine Klage von acht Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU gegen den Einigungsvertrag ab. Mit der Klage wollten die Abgeordneten verhindern, dass die polnische Westgrenze völkerrechtlich endgültig festgeschrieben und damit anerkannt wird.
20. September
1990
In beiden deutschen Parlamenten wird über den Einigungsvertrag abgestimmt. 299 Volkskammer-Abgeordnete stimmen für den Vertrag; es gibt 80 Gegenstimmen und eine Stimmenthaltung. Im Bundestag votieren 440 Abgeordnete für den Einigungsvertrag; es werden 47 Gegenstimmen und drei Stimmenenthaltungen gezählt. Am darauf folgenden Tag stimmt der Bundesrat dem Vertragswerk einstimmig zu. Die Ratifikation des Einigungsvertrages durch den Bundespräsidenten erfolgt am 23. September 1990.
20. September
1990
In der Volkskammer sorgen die Akten des Staatssicherheitsdienstes weiterhin für Aufregung. Die Besetzer aus der Normannenstraße sind mit dem am 18. September ausgehandelten Kompromiss nicht zufrieden. Es fehlt noch immer eine klare Regelung über den Zugang der Betroffenen zu ihren Akten; zudem wurde die Rehabilitierung der Opfer nicht festgeschrieben.Mehr
21. September
1990
Durch Befehl 49/90 des Ministers für Abrüstung und Verteidigung, Rainer Eppelmann, werden die DDR-Grenztruppen mit Wirkung vom 30. September 1990 aufgelöst.Mehr
Der DDR Abrüstungs- und Verteidigungsminister Rainer Eppelmann und der Oberkommandierende der Warschauer Vertragsstaaten, Armeegeneral Pjotr Luschew, unterzeichnen in Ost-Berlin ein Protokoll, in dem der Austritt der DDR aus dem Warschauer Pakt erklärt wird.
24. September
1990
In Bonn wird das „Gesetz über die Inkraftsetzung von Vereinbarungen betreffend den befristeten Aufenthalt von Streitkräften der Französischen Republik, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika in Berlin und von sowjetischen Streitkräften auf dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet nach Herstellung der deutschen Einheit" unterzeichnet. Damit werden die Ablösung der alliierten Rechte, die befristeten Truppenaufenthalte und die Berlin-Zuständigkeiten der Vier Mächte konkret geregelt.
26. September
1990
In einem Schreiben an Bundeskanzler Helmut Kohl kritisiert der sowjetische Partei- und Staatschef Michail Gorbatschow die beabsichtigten Prozesse gegen SED-Partei- und Staatsfunktionäre wegen „Landesverrat", „Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und wegen „subversiver Tätigkeit zugunsten eines fremden Staates".Mehr
26. September
1990
In Ost-Berlin findet die letzte Tagung des DDR-Ministerrates und der letzte NVA-Wachaufzug vor der Neuen Wache Unter den Linden statt.
RIAS-Reportage über den letzten Wachaufzug und die letzte Ministerratstagung, 26. September 1990 (Quelle: Archiv Deutschlandradio, Sendung: Abendreport, Redakteur: Jürgen Schiller)
27. September
1990
In Berlin vereinigen sich die SPD der Bundesrepublik und die DDR-SPD auf getrennten Parteitagen zur gesamtdeutschen SPD.
28. September
1990
Die letzte Tagung der DDR-Volkskammer findet im Gebäude des früheren SED-Zentralkomitees statt. Am Tage zuvor wurde der ursprüngliche Tagungsort – der Palast der Republik – wegen Asbestverseuchung geschlossen. In der Volkskammer kommt es noch einmal zu heftigen Debatten über die Staatssicherheit.Mehr
Das Bundesverfassungsgericht bestätigt zum Teil die Verfassungsklage der Republikaner, der Grünen und der Linken Liste/PDS gegen das Wahlgesetz vom 3. August 1990. Sie gibt den Klägern in dem Punkt Recht, dass das Wahlgesetz mit der fünfprozentigen Sperrklausel und dem so genannten „Huckepackverfahren" gegen den Grundsatz der Wahlgleichheit verstößt. Das Gesetz muss überarbeitet und korrigiert werden.
30. September
1990
Die Insassen der Haftanstalten in der DDR (hier in Dresden) protestieren und fordern eine Generalamnestie; Aufnahme 28. September 1990 (Bundesarchiv, Bild 183-1990-0928-027 / Hiekel, Matthias / CC-BY-SA 3.0)
Die ersten Häftlinge, die unter die am 28. September 1990 von der DDR-Volkskammer beschlossene Teilamnestie fallen, werden freigelassen. In den Strafanstalten war es zuvor zu Häftlingsrevolten gekommen. Mehrere tausend Häftlinge fordern die Überprüfung ihrer Urteile. Nicht wenige Häftlinge sitzen aufgrund fragwürdiger Aussagen und Ermittlungsmethoden der Staatssicherheit im Gefängnis. Aufgrund der Teilamnestie bekommen die Häftlinge ein Drittel ihrer Strafe erlassen. Ausgenommen werden Schwerverbrecher.
RIAS-Reportage über die Häftlingsrevolte in der Strafanstalt Brandenburg, 25. September 1990 (Quelle: Archiv Deutschlandradio, Sendung: Spätreport, Redakteur: Ulrich Woldter)