Pressestimmen West im November
In der „Welt" vom 14. November 1961 spricht sich Sebastian Haffner gegen den Abschluss eines Sonderfriedensvertrages mit der Sowjetunion aus: „Der Westen hat mit der Hinnahme des 13. August seine faktische Position in Berlin entscheidend verschlechtert. Mit der Hinnahme des Sonderfriedens würde er in ganz ähnlicher Weise auch seine rechtliche und politische Berlin-Position unterminieren."
Die „Frankfurter Allgemeine" kommentiert am 21. November 1961 unter der Überschrift „Festung Berlin" die Verstärkung der Sperranlagen: „Die Mauer quer durch unser Land, die sich in der deutschen Metropole unter dem Scheinwerferlicht der ganzen Welt preisgibt, verliert durch ihre Panzergräben den Charakter nicht. Sie ist eine Kerkermauer und bietet keinen Schutz. Sie ist im Zweck genauso verlogen, wie die Nationalsozialisten es waren, wenn sie jemand unter dem Vorwand festnahmen, man ließe ihm eine „Schutzhaft" angedeihen. Ihre neuerlichen Befestigungen enthüllen die Zone noch gnadenloser als den Zwangsaufenthalt, der sie seit je gewesen ist. (...) Andere Beobachter in Berlin wollen die fieberhafte Tätigkeit seit dem vergangenen Sonntag in ihrer Stadt als eine Demonstration gedeutet sehen, als Auftakt zu den Washingtoner Besprechungen. Die deutschen und die amerikanischen Staatsmänner sollten es vor Augen haben: In Berlin wird für lange Zeit gebaut, mit Zement, Eisen, Panzersperren; was da errichtet wird, wird so bald nicht eingerissen. Nun, wir haben schon einmal so disponieren hören, sogar auf tausend Jahre."
Seit dem 13. August, so der amerikanische Publizist Walter Lippmann in der West-Berliner Zeitung „Der Tag" vom 24. November 1961, sei die Bundesrepublik mit den Realitäten konfrontiert, die sie in den letzten zehn Jahren absichtlich und künstlich ignoriert habe. „Die offizielle Fiktion, daß Ostdeutschland eines Tages befreit und durch freie Wahlen in dem westdeutschen Staat aufgehen würde, ist dahin." Die wirkliche deutsche Frage bestehe heute darin, „eine praktikable deutsche Politik" zu finden, wozu die Notwendigkeit eines Übereinkommens mit Osteuropa und der Sowjetunion gehöre.
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